Begriff

Unter dem Fachbegriff Whistleblowing, der wörtlich mit "Verpfeifen" übersetzt werden kann, wird allgemein der Hinweis auf Missstände, Fehlverhalten, Rechtsverletzungen oder drohende Schäden in einem Unternehmen oder in einer Behörde verstanden. Es kann sich um rein interne Warnungen handeln, aber auch um Mitteilungen an Dritte, insbesondere Anzeigen gegenüber den zuständigen Behörden oder externe Veröffentlichungen.

Das Whistleblowing betrifft eine komplexe Interessenlage, da hinweisgebende Personen einerseits – im Interesse des Unternehmens – wesentlich dazu beitragen können, dass Rechtsverstöße und sonstige missbilligenswerten Verhaltensweisen erkannt und abgestellt werden. Es handelt sich somit um ein erwünschtes Verhalten, sodass die Rechtsordnung für einen angemessenen Schutz der hinweisgebenden Person Sorge zu tragen hat. Andererseits kann das Whistleblowing Unternehmen sehr empfindlich treffen und nachhaltig schädigen. Dies gilt insbesondere, wenn sich ein Hinweis als ganz oder teilweise unberechtigt erweist oder vertrauliche Informationen zu Unrecht in die Öffentlichkeit gelangt sind.

Damit auf Rechtsverletzungen und drohende Schäden schnell unternehmensintern reagiert werden kann, können, sollen und müssen unter bestimmten Voraussetzungen Hinweisgebersysteme eingerichtet werden. Durch die Gewährleistung der Anonymität der meldenden Personen oder durch Maßregelungsverbote werden die hinweisgebenden Personen geschützt.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Auf europäischer Ebene besteht seit dem Jahr 2019 zudem die Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden[1], die bis zum 17.12.2021 in nationales Recht umzusetzen gewesen wäre. Dem ist der deutsche Gesetzgeber erst im Juni 2023 – mithin mit 1,5 Jahren Verspätung – nachgekommen. Vor diesem Hintergrund wird oftmals vertreten, dass einzelne Vorschriften der Whistleblower-Richtlinie, beispielsweise die Pflicht zur Einrichtung und zum Betrieb interner Meldestellen für den öffentlichen Sektor seit dem 18.12.2021 unmittelbare Wirkung entfaltet haben.

Sowohl für öffentliche Beschäftigungsgeber als auch für alle anderen (privaten) Beschäftigungsgeber mit 50 oder mehr Beschäftigten, sieht das neue Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) in Umsetzung der Richtlinie entsprechende Pflichten für öffentliche und private Beschäftigungsgeber vor. Das HinSchG ist am 2.7.2023 in Kraft getreten; zunächst geltende Übergangsregelungen mit Fristverlängerungen zum Einrichten einer internen Meldestelle sowie zur Anwendbarkeit der Bußgeldvorschriften sind nun ausgelaufen.

Darüber hinaus bestehen weitere gesetzliche Regelungen in Zusammenhang mit dem Thema Whistleblowing: Das Geschäftsgeheimnisschutzgesetz regelt in § 5 GeschGehG, wann und in welchem Umfang Geschäftsgeheimnisse im Rahmen von Whistleblowing offenbart werden dürfen. Des Weiteren verlangt § 91 Abs. 2 AktG Maßnahmen zur Abwendung rechtswidriger Zustände. Hierbei kann auch die Einführung eines Hinweisgebersystems ein Bestandteil sein. Ähnliches fordert § 25a KWG. Für die Branche der Banken, Versicherungen und des Wertpapierhandels besteht eine ausdrückliche Whistleblowing-Regelung in § 4d FinDAG. Punktuelle Beschwerderechte finden sich weiter in den Vorschriften § 17 ArbSchG, §§ 84 f. BetrVG und §§ 13, 16, 27 AGG.

[1] Richtlinie (EU) 2019/1937 des europäischen Parlaments und des Rates v. 23.10.2019.

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