Schließlich ist ein Arbeitsausfall vermeidbar, wenn er bei Nutzung von im Betrieb zulässigen Arbeitszeitschwankungen ganz oder teilweise vermieden werden kann.[1] Diese Regelung zielt zunächst auf den Abbau bestehender Arbeitszeitguthaben. Darüber hinaus verlangt das Gesetz, dass auch die Möglichkeit genutzt wird, negative Arbeitszeitsalden aufzubauen (sog. "Minusstunden", die zu einem späteren Zeitpunkt ausgeglichen werden können).

Für die Beurteilung, ob ein Arbeitsausfall durch flexible Arbeitszeitregelungen vermieden werden kann, sind allein die Regelungen maßgebend, von denen in einem Betrieb tatsächlich Gebrauch gemacht wird. Von den Betriebsparteien wird z. B. nicht verlangt, dass sie tarifvertragliche Öffnungsklauseln zur Arbeitszeitflexibilisierung allein deshalb (oder erstmals) nutzen, um den Arbeitsausfall zu vermeiden oder zu diesem Zweck (seit Langem) bestehende Arbeitszeitvereinbarungen ändern.

1.4.3.1 Privilegierte Arbeitszeitguthaben

Von dem grundsätzlichen Erfordernis, Arbeitszeitguthaben zur Vermeidung von Kurzarbeit einzusetzen, gelten mit Blick auf Interessen der Arbeitnehmer und des Betriebs wichtige Ausnahmen. Danach werden bestimmte Arbeitszeitregelungen und -guthaben privilegiert.[1]

1.4.3.2 Generelles Privileg für Vereinbarungen über Arbeitszeitschwankungen

In einem Betrieb, in dem eine Vereinbarung über Arbeitszeitschwankungen gilt, nach der mindestens 10 % der Jahresarbeitszeit für einen unterschiedlichen Arbeitsanfall einzusetzen sind, wird eine darüber hinausgehende Nutzung von Zeitguthaben zur Vermeidung von Kurzarbeit generell nicht gefordert. Damit werden präventive Bemühungen der Betriebsparteien zum Ausgleich von Produktions- oder Auftragsschwankungen honoriert.

1.4.3.3 Privileg für Arbeitszeitguthaben mit Zweckbestimmung

Die Auflösung eines Arbeitszeitguthabens zum Ausgleich der Kurzarbeit kann von einem Arbeitnehmer auch nicht verlangt werden, soweit das Guthaben

  • vertraglich (Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Einzelarbeitsvertrag) ausschließlich zur Überbrückung von Arbeitsausfällen außerhalb der Schlechtwetterzeit bestimmt ist und 50 Stunden nicht übersteigt,
  • zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld angespart ist und 150 Stunden nicht übersteigt,
  • ausschließlich als sog. Wertguthaben für Zwecke der Freistellung von der Arbeit, insbesondere für Pflegezeiten, Elternzeiten, Zeiten einer beruflichen Qualifizierung oder für eine Freistellung vor Beginn der Rente wegen Alters, angespart ist[1]
  • den Umfang von 10 % der ohne Mehrarbeit geschuldeten Jahresarbeitszeit des Arbeitnehmers übersteigt oder
  • länger als ein Jahr unverändert bestanden hat.

Die erste und zweite Ausnahmeregelung ist für Beschäftigte im Baugewerbe bzw. für den Bezug von Saison-Kurzarbeitergeld von Bedeutung. Das Privileg für Wertguthaben im Sinne des SGB IV schützt ein für gesetzlich bestimmte oder vertraglich vereinbarte Zwecke aufgebautes Zeitkonto. In den Fällen des Jahresarbeitszeitkontos ist bei schwankenden Salden der in den vergangenen 12 Monaten unverändert kleinste Guthabenwert geschützt. Beim Zusammentreffen mit der vorgenannten 10-%-Regelung ist die für den Arbeitnehmer günstigere Berechnung maßgebend.

 
Praxis-Beispiel

Günstigkeitsberechnung bei 10-%-Regelung und Jahresarbeitszeitkonto

 
Positiver Saldo im Arbeitszeitkonto vor Einführung der Kurzarbeit 270 Stunden
10 % der Jahresarbeitszeit (von z. B. 1.800 Stunden) sind einzusetzen 180 Stunden
Geschütztes Guthaben nach § 96 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 SGB III 90 Stunden
Kleinster unveränderter Monatswert des Guthabens in den letzten 12 Monaten 110 Stunden
Geschützes Guthaben nach § 96 Abs. 4 Satz 3 Nr. 5 SGB III 110 Stunden
Zur Vermeidung von Kurzarbeit sind einzubringen ­(270 Std. ./.110 Std.) 160 Stunden

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