Ein Arbeitsausfall ist gemäß § 96 Abs. 4 SGB III nicht vermeidbar, wenn in einem Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen wurden, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern.

Es ist in diesem Rahmen insbesondere zu prüfen, ob ein Einsatz der vom Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in anderen Betrieben oder Abteilungen denkbar ist. Soweit danach z.B. Versetzungen oder Abordnungen arbeitsrechtlich zulässig und betriebstechnisch möglich sind, müssen diese Maßnahmen vor der Einführung von Kurzarbeit getroffen werden. Den Arbeitgeber, aber auch gegebenenfalls den Betriebsrat/Personalrat und auch die einzelnen Beschäftigten trifft hier eine Schadensminderungspflicht.

Als vermeidbar gilt gemäß § 96 Abs. 4 SGB III insbesondere ein Arbeitsausfall, der

  1. überwiegend branchenüblich, betriebsüblich oder saisonbedingt ist oder ausschließlich auf betriebsorganisatorischen Gründen beruht,
  2. durch die Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub ganz oder teilweise verhindert werden kann, soweit vorrangige Urlaubswünsche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Urlaubsgewährung nicht entgegenstehen, oder
  3. durch die Nutzung von im Betrieb zulässigen Arbeitszeitschwankungen ganz oder teilweise vermieden werden kann.

§ 96 Abs. 4 Nr. 1 SGB III:

Der Bezug von Kurzarbeitergeld soll im Wege des § 96 Abs. 4 Nr. 1 SGB III für die Fälle ausgeschlossen werden, in denen der Arbeitsausfall auf dem normalen Betriebsrisiko des Arbeitgebers beruht. Hier wird von dem Arbeitgeber gefordert, dass er Dispositionen trifft, die den voraussehbaren Arbeitsausfall vermeiden bzw. durch andere Maßnahmen auffangen.

§ 96 Abs. 4 Nr. 3 SGB III:

Die Vorschrift stellt klar, dass vor Einführung der Kurzarbeit tarifliche, betriebliche oder einzelvertragliche Möglichkeiten, eine Absenkung des Arbeitsanfalls durch Nutzung von Arbeitszeitguthaben aufzufangen, grundsätzlich auszuschöpfen sind.

Die Bundesagentur für Arbeit verlautbart in den Fachlichen Weisungen folgenden Grundsatz hierzu:

Für die Vorschriften über das Kurzarbeitergeld sind allein solche Regelungen zur Arbeitszeit maßgebend, von denen im Betrieb durch Vereinbarungen auf betrieblicher bzw. einzelvertraglicher Ebene auch tatsächlich Gebrauch gemacht wird.

Das Erfordernis der Unvermeidbarkeit des Arbeitsausfalls verlangt von den Betriebsparteien nicht, bestehende und arbeitsrechtlich zulässige Arbeitszeitvereinbarungen zu ändern. Es ist daher auch nicht zu fordern, dass der Betrieb zur Vermeidung des Arbeitsausfalls eine aufgrund der Öffnungsklausel des Tarifvertrages zulässige Arbeitszeitregelung vereinbart.

Es ist daher nicht erforderlich, vor der Gewährung von Kurzarbeitergeld ein arbeitsrechtlich zulässiges Arbeitszeitkonto einzuführen oder eine bestehende Regelung zu ändern, um den Abbau von (zusätzlichen) Plusstunden oder den Aufbau von Minusstunden zu ermöglichen (Erleichterung aufgrund "Corona-Verordnung": Auf den Einsatz negativer Arbeitszeitsalden (Aufbau Minusstunden) zur Vermeidung von Kurzarbeit kann verzichtet werden).

Das Gesetz nimmt darüber hinaus in § 96 Abs. 4 Satz 3 SGB III ausdrücklich bestimmte Formen von Arbeitszeitkonten und einen bestimmten Umfang von Arbeitszeitguthaben von der Verpflichtung, diese abzubauen, um den Arbeitsausfall zu vermeiden, aus.

Gemäß § 96 Abs. 4 Satz 3 SGB III kann die Auflösung eines Arbeitszeitguthabens nicht verlangt werden, soweit es

  • vertraglich ausschließlich zur Überbrückung von Arbeitsausfällen außerhalb der Schlechtwetterzeit (§ 101 Abs. 1) bestimmt ist und den Umfang von 50 Stunden nicht übersteigt oder
  • ausschließlich für die in § 7c Abs. 1 SGB IV genannten Zwecke bestimmt ist. Arbeitszeitguthaben im Sinne des § 7c Abs. 1 SGB IV sind sogenannte Wertguthaben oder Langzeitarbeitskonten, welche z.B. eigens für eine Freistellung von der Arbeitsleistung im Rahmen einer Pflegezeit, einer Familienpflegezeit, einer Elternzeit oder generell während einer Verringerung der Arbeitszeit aufgrund des Teilzeit- und Befristungsgesetzes angelegt wurden.
  • zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld angespart worden ist und den Umfang von 150 Stunden nicht übersteigt oder
  • den Umfang von 10 % der ohne Mehrarbeit geschuldeten Jahresarbeitszeit einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers übersteigt.

    Ein nicht von dem Charakter des Arbeitszeitkontos abhängiger Schutz besteht danach für Arbeitszeitguthaben, wenn und soweit deren Umfang 10 % der Jahresarbeitszeit übersteigt.

     
    Praxis-Beispiel

    Geschützte Arbeitszeitguthaben über 10 % der Jahresarbeitszeit

    Die Jahresarbeitszeit beträgt bei Anwendung des TVöD-V insgesamt 2.028 Stunden (52 x 39 Stunden wöchentlich).

    Auf dem Arbeitszeitkonto des Beschäftigten befindet sich ein Stundenguthaben von 228,3 Stunden.

    10 % der Jahresarbeitszeit sind 202,8 Stunden.

    Geschützt wird das über die 10 % der Jahresarbeitszeit hinausgehende Arbeitszeitguthaben, somit 25,5 Stunden. Diese 25,5 Stunden müssen nicht vor der Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld abgebaut sein.

  • Nicht abzubauen sind des Weiteren Arbei...

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