Rz. 15

§ 8 Abs. 2 stellt die Bewilligung von Elterngeld unter den näher bestimmten Voraussetzungen unter einen gesetzlichen Widerrufsvorbehalt. "Widerrufsvorbehalte" sind als Nebenbestimmungen in Verwaltungsakten bekannt (§ 32 SGB X). Nach dieser Bestimmung wird Elterngeld in den Fällen, in denen nach den Angaben im Antrag im Bezugszeitraum voraussichtlich kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt wird, unter dem Vorbehalt des Widerrufs für den Fall gezahlt, dass entgegen den Angaben im Antrag Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt wird.[1] Die Vorschrift ist dagegen nicht anwendbar, ein entsprechender Widerrufsvorbehalt also nicht zulässig, wenn die Erzielung von Einkommen angegeben wird, das Einkommen aber höher als angegeben ausfällt.

 

Rz. 16

Fraglich erscheint, ob das BEEG hier nur zum Erlass einer Nebenbestimmung ermächtigt oder nicht einen anderen Weg geht und unmittelbar durch Rechtsvorschrift anordnet, dass unter den noch zu betrachtenden Voraussetzungen die Zahlung von Elterngeld kraft Gesetzes unter Widerrufsvorbehalt steht. Bejaht man letztere Möglichkeit[2], muss dieser Vorbehalt nicht im Bescheid angegeben bzw. wiederholt werden. Allerdings gehen – auch bei diesem Verständnis der Vorschrift – andere ausdrückliche Regelungen im Bewilligungsbescheid vor, wenn sie den Berechtigten bei verständiger Würdigung den Eindruck vermitteln, die Leistung werde ohne Widerrufsvorbehalt erbracht. Die Rechtsprechung[3] folgt diesem Ansatz jedoch nicht.

 

Rz. 17

Nach der Rechtsprechung des BSG muss die Elterngeldstelle den Widerrufsvorbehalt im Bewilligungsbescheid nach § 8 Abs. 2 ausdrücklich regeln, also im Bescheid anordnen. Dieser Vorbehalt ist dann eine Nebenbestimmung, die i. S. d. § 47 Abs. 1 Nr. 1 SGB X zum Widerruf der Bewilligung für die Zukunft ermächtigt.[4] Dieser Widerrufsvorbehalt berechtigt die zuständige Behörde nach Auffassung der Rechtsprechung jedoch nicht, die Elterngeldbewilligung für die Vergangenheit zu widerrufen, weil § 47 Abs. 1 Nr. 1 SGB X der Behörde nur eine Anpassung der Leistung mit Wirkung für die Zukunft erlaubt. Die Voraussetzungen für einen Widerruf mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 47 Abs. 2 SGB X) liegen nicht vor, weil – so das BSG – das Elterngeld nicht als zweckbestimmte Geldleistung anzusehen ist.[5]

 

Rz. 18

Soweit ein Berechtigter eine (zuvor nicht geplante) Erwerbstätigkeit aufnimmt und Einkommen erzielt und dies der Elterngeldstelle rechtzeitig mitteilt, kann die Bewilligung durch Widerruf (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 SGB X) angepasst werden. Wird die Erwerbstätigkeit der nach § 12 Abs. 1 BEEG zuständigen Stelle nicht mitgeteilt, kann die Bewilligung des Elterngeldes nach Maßgabe des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Rückwirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden. Wenn von Anfang an falsche Angaben gemacht worden sind, ist gemäß § 45 SGB X die Zurücknahme des Bewilligungsbescheids möglich.[6]

[1] So BSG, Urteil v. 21.2.2013, B 10 EG 12/12 R, SozR 4-7837 § 2 Nr. 19; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 22.10.2014, L 2 EG 10/13.
[2] Vgl. jurisPK-SGB X/Gmati, § 47, Rz. 28 f.; a. A. von Wulffen/SGB X/Schütze, § 47, Rz. 5, der wohl die Umsetzung des Widerrufsvorbehalts in einer Nebenbestimmung des Verwaltungsakts fordert.
[3] S. Rz. 17.
[4] Richtlinien Elterngeld des BMFSFJ, Nr. 8.2.2.; so auch Rancke/Lenz, Mutterschutz/Elterngeld, § 8 BEEG, Rz. 3; a. A. Wiegand, BEEG, § 8 Rz. 6; zu den Rechtsfolgen des "Widerrufs" vgl. unten Rz. 20 f.
[5] Vgl. BSG, Urteil v. 21.2.2013, B 10 EG 12/12 R, SozR 4-7837 § 2 Nr. 19; Roos/Bieresborn/Jaritz, MuSchG, § 8 BEEG, Rz. 9 m. w. N.
[6] Dazu LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 22.10.2014, L 2 EG 10/13; Richtlinie Elterngeld des BMFSFJ, Nr. 8.2.2.

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