Rz. 45

Die Arbeitsentgeltgarantie wird durch den Tätigkeitsschutz in Abs. 5 ergänzt: Mitglieder des Betriebsrats dürfen nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung gleichwertig sind, soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen. Zweck des Gebots ist es, zu verhindern, dass einem Betriebsratsmitglied deshalb, weil es mit der Betriebsratstätigkeit belastet ist, eine Tätigkeit zugewiesen wird, die mit der Arbeit vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung nicht gleichwertig ist.

 

Rz. 46

Mit der Tätigkeit ist nicht nur die berufliche Stellung im Betrieb gemeint, sondern die konkrete Tätigkeit, die das Betriebsratsmitglied ausübt.[1] Gewährleistet wird nicht eine Beschäftigung mit einer gleichen, sondern mit einer gleichwertigen Tätigkeit. Mit der Gleichwertigkeit wird nicht nur gesichert, dass keine Tätigkeit übertragen werden darf, die einen Wechsel in der Vergütungsgruppe auslöst oder den Tätigkeitsmerkmalen einer anderen Vergütungsgruppe entspricht; gewährleistet wird vielmehr auch, dass die übertragene Tätigkeit im Betrieb als gleichwertig angesehen wird, auch wenn mit der Übertragung keine vergütungsrechtlichen Auswirkungen verbunden sind. Es geht also auch um Persönlichkeitsschutz (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. 1 Abs. 1 GG).[2] Das unterscheidet die Gleichwertigkeit hier von der Gleichwertigkeit des § 612 Abs. 3 BGB[3].

 
Hinweis

Ob Gleichwertigkeit gegeben ist, beurteilt sich nach der in den beteiligten Berufsgruppen herrschenden Verkehrsauffassung; besteht jedoch im Betrieb ein strengerer Maßstab als dort, so ist er zugrunde zu legen.[4]

 

Rz. 47

Das Kriterium der Gleichwertigkeit bezieht sich auf die Tätigkeiten der vergleichbaren Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Daher ist deren betriebsübliche berufliche Entwicklung einzubeziehen. Daraus kann sich im Einzelfall ein Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf Zuweisung einer höherwertigen Tätigkeit ergeben, nämlich wenn alle vergleichbaren Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung eine höherwertige Tätigkeit als bei Übernahme des Betriebsratsamts ausüben.[5] Maßgebend ist also, dass die Tätigkeit des Betriebsratsmitglieds mit der vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung gleichwertig bleibt. Daher darf ein Betriebsratsmitglied nicht vom beruflichen Aufstieg ausgeschlossen werden.[6] Wenn jedoch das Betriebsratsmitglied die erforderliche berufliche Qualifikation nicht besitzt, kann es nicht verlangen, dass ihm eine höherwertige Tätigkeit übertragen wird; denn es darf wegen seiner Betriebsratstätigkeit auch in seiner beruflichen Entwicklung nicht begünstigt werden (§ 78 Satz 2). Auch wenn das Betriebsratsmitglied wegen seiner Betriebsratstätigkeit nicht die Qualifikation erwerben konnte, besteht kein Anspruch auf Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit, solange die für sie erforderliche Qualifikation nicht erworben ist.[7] Es bleibt in diesem Fall allein ein Anspruch auf Teilnahme an Maßnahmen der Berufsbildung (vgl. § 38 Abs. 4 Satz 1 BetrVG).

 

Rz. 48

Der Anspruch auf Beschäftigung mit gleichwertiger Tätigkeit besteht nur, soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen. Diese Schranke ist dem Anspruch immanent, weil anderenfalls das Betriebsratsmitglied wegen seiner Betriebsratstätigkeit begünstigt wird. Jedoch gebietet der Zweck der Tätigkeitsgarantie, dass sie eng ausgelegt wird.[8] Betriebliche Notwendigkeiten sind nur gegeben, wenn die Betriebsorganisation oder der technische Betriebsablauf einer Beschäftigung mit einer gleichwertigen Tätigkeit entgegensteht, und außerdem müssen sie zwingend sein, also derart beschaffen sein, dass anderenfalls das Betriebsratsmitglied überhaupt nicht beschäftigt werden kann. Sind diese Voraussetzungen gegeben, so kann das Betriebsratsmitglied auch mit einer nicht gleichwertigen Tätigkeit beschäftigt werden. Es kann also nicht verlangen, dass für ihn ein gleichwertiger Arbeitsplatz eingerichtet wird. Die Tätigkeitsgarantie besteht nicht nur während der Mitgliedschaft im Betriebsrat, sondern auch noch innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit.

[1] Fitting, § 37 Rz. 132; GK/Weber, § 37 Rz. 167.
[2] GK/Weber, § 37 Rz. 165, 167.
[3] Hierzu ausführlich Thüsing, NZA 2000, 570.
[4] Wie hier Fitting, § 37 Rz. 132; vgl. auch ErfK/Koch, § 37 Rz. 11.
[5] HSWGNR/Glock, § 37 Rz. 103; DKW/Wedde, § 37 Rz. 103; Fitting, § 37 Rz. 133.
[6] HSWGNR/Glock, § 37 Rz. 95.
[7] Fitting, § 37 Rz. 133; GK/Weber, § 37 Rz. 168.
[8] HWGNRH/Glock, § 37 Rz. 95.

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