Rz. 4

Auch wenn der Anspruch beim Vorliegen einer objektiven Schwerbehinderung bereits gegeben ist, so muss der Anspruch auf Zusatzurlaub dennoch gegenüber dem Arbeitgeber ausdrücklich geltend gemacht werden (BAG, Urteil v. 28.1.1982, 6 AZR 636/79) und zwar während des Urlaubsjahres oder bei Vorliegen der tarifvertraglichen oder gesetzlichen Übertragungsvoraussetzungen bis zum Ende des Übertragungszeitraums. Ansonsten geht er mit Ablauf des Urlaubsjahres bzw. mit Ablauf des Übertragungszeitraums unter. Beruft sich der Arbeitnehmer daher erst in einem späteren Urlaubsjahr auf seine Schwerbehinderung und ihm noch aus der Vergangenheit zustehenden Zusatzurlaub, muss der Arbeitgeber diesen Urlaub nicht mehr gewähren.

 
Hinweis

Auf die Feststellung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch durch die zuständige Behörde und insbesondere den Zeitpunkt dieser Feststellung kommt es nicht an. Der Bescheid nach § 152 SGB IX hat lediglich deklaratorische Wirkung. Dies bedeutet, dass der Zusatzurlaub vom Arbeitnehmer auch dann in der im Gesetz oder Tarifvertrag vorgesehenen Weise geltend gemacht werden muss, wenn die Schwerbehinderteneigenschaft behördlich noch nicht oder nicht rechtskräftig festgestellt ist; anderenfalls erlischt auch der Zusatzurlaub mit Ablauf des Urlaubsjahres. Eine lediglich "vorsorgliche" Geltendmachung genügt ebenso wenig wie die bloße Mitteilung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber, er habe einen Antrag auf Anerkennung seiner Schwerbehinderung gestellt (BAG, Urteil v. 28.1.1982, 6 AZR 636/79; BAG, Urteil v. 26.6.1986, 8 AZR 266/84[1]). Notwendig ist, dass der Zusatzurlaub eindeutig – d. h. unter Berufung auf seine Schwerbehinderteneigenschaft – und rechtzeitig vom Arbeitgeber verlangt wird, und zwar auch dann, wenn das amtliche Anerkennungsverfahren noch läuft und der Schwerbehinderte gegenüber seinem Arbeitgeber das Bestehen der Schwerbehinderung mangels Offenkundigkeit noch gar nicht nachweisen kann (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 15.5.2005, 3 Sa 73/07).

 

Rz. 5

Etwas anders stellt sich die Lage dar beim Thema Urlaubsabgeltung gem. § 7 Abs. 4 BUrlG. Nach dieser Regelung ersetzt der Abgeltungsanspruch den Freistellungsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses von Gesetzes wegen. Es bedarf in diesem Fall daher weder der Kenntnis des Arbeitgebers vom unerfüllten Zusatzurlaub noch einer Handlung des Arbeitnehmers. Der Abgeltungsanspruch entsteht auch ohne vorherige Geltendmachung des Freistellungsanspruchs bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.[2] Das gilt auch, wenn der Schwerbehinderte erstmals nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf seine Schwerbehinderung hinweist (BAG, Urteil v. 25.6.1996, 9 AZR 182/95 zu § 125 SGB IX a. F.[3]).

[1] NZA 1986, 833.
[2] Dau/Düwell/Joussen-Düwell, SGB IX, 6. Aufl. 2021, § 208 SGB IX, Rz. 35.
[3] NZA 1996, 1153; so auch ErfK/Rolfs, 22. Aufl. 2022, § 208 SGB IX, Rz. 3.

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