Rz. 42

Abs. 3 ordnet die Rechtsfolge an, dass die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 KSchG nicht für Kündigungen gelten, die bereits aus anderen "als den in § 1 Abs. 2 und 3 KSchG bezeichneten Gründen" rechtsunwirksam sind.

 

Rz. 43

Dies kann aber nicht für den Fall gelten, dass die Kündigung aus dem Grund des § 138 BGB unwirksam ist, denn für den Fall der Sittenwidrigkeit gilt die speziellere Regelung des Abs. 2, die abweichende Rechtsfolgen vorsieht, wie z. B. die Möglichkeit eines Auflösungsantrags nach § 9 KSchG. Entsprechendes gilt im Fall einer außerordentlichen Kündigung, die aus den unter Abs. 1 zu fassenden Gründen unwirksam ist (vgl. Rz. 10). Der Tatbestand des Abs. 3 ist also um die Fälle der sittenwidrigen Kündigung und der aus den Gründen des Abs. 1 unwirksamen außerordentlichen Kündigung zu reduzieren. Da der Verstoß gegen das Maßregelungsverbot nach § 612a BGB als Sonderfall der Sittenwidrigkeit anzusehen ist (siehe Rz. 20), dürfte Abs. 3 auch um diesen Fall zu reduzieren sein.

 

Rz. 44

Die Vorschriften der §§ 1 bis 14 KSchG sind mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 KSchG nicht anzuwenden, also auch nicht § 9 KSchG über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Nach dem Wortlaut der Vorschrift kann eine gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht beansprucht werden – und zwar weder vom Arbeitnehmer noch vom Arbeitgeber –, wenn die Unwirksamkeit der Kündigung aus "anderen als den in § 1 Abs. 2 und 3 KSchG bezeichneten Gründen" und auch nicht aus einem der unter § 13 Abs. 1 oder 2 KSchG zu fassenden Gründe erfolgt.

Allerdings vertritt die h. M., dass dem Arbeitgeber auch dann ein Auflösungsrecht zustehe, wenn die Unwirksamkeit der Kündigung auch aus einem anderen Grund als der Sozialwidrigkeit erfolgt.[1] Das Auflösungsrecht des Arbeitnehmers ist nach h. M. jedoch ausgeschlossen, wenn die Kündigung aus anderen Gründen als der Sozialwidrigkeit unwirksam ist, was damit begründet wird, er könne unter den Voraussetzungen des § 626 BGB selbst kündigen oder bei schuldhaftem Verhalten des Arbeitgebers nach § 628 Abs. 2 BGB Schadensersatz verlangen.[2]

[1] BAG, Urteil v. 20.3.1997, 8 AZR 769/95, EzA § 613a BGB Nr. 148, unter II 1 der Gründe; vgl. KR/Spilger, 13. Aufl. 2022, § 9 KSchG, Rz. 33 m. w. N.; vgl. Arnold, § 9 Rz. 12 ff.
[2] A.A. KR/Treber/Rennpferdt, § 13 KSchG, Rz. 156 m. w. N..

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