Rz. 885

Neben der Herausnahme von Leistungsträgern sieht § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG eine weitere Möglichkeit zur Einschränkung des auswahlrelevanten Personenkreises bei der Sozialauswahl vor. Im Gegensatz zu der Herausnahme von Leistungsträgern sind für den Ausnahmetatbestand der ausgewogenen Personalstruktur nicht individuelle Eigenschaften der Arbeitnehmer entscheidungserheblich, sondern es steht vielmehr die Gesamtbelegschaft im Mittelpunkt der Betrachtung.

 

Rz. 886

Hauptanwendungsfall des Ausnahmetatbestands wird die Sicherung einer ausgewogenen Altersstruktur in der Belegschaft sein. Besteht ein berechtigtes betriebliches Interesse an einer ausgewogenen Altersstruktur, so kann der Arbeitgeber anhand abstrakter Kriterien für die Sozialauswahl Altersgruppen bilden und lediglich innerhalb dieser Gruppen eine soziale Auswahl vornehmen. Arbeitnehmer im fortgeschrittenen Alter werden im Rahmen der Sozialauswahl doppelt privilegiert. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG knüpft zum einen direkt an das Lebensalter des Arbeitnehmers an, zum anderen wird auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers abgestellt, die regelmäßig mit zunehmendem Alter steigt.[1] Durch die Einbeziehung der betrieblichen Personalstruktur in den Auswahlprozess soll dieser Vorteil der älteren gegenüber den jüngeren Arbeitnehmern relativiert werden: Es soll verhindert werden, dass der Betrieb durch die Sozialauswahl "vergreist".[2]

 

Rz. 887

Aber auch andere Kriterien sind für den Erhalt einer ausgewogenen Personalstruktur denkbar. Zu nennen sind u. a. Eigenschaften wie die Leistungsfähigkeit, die Nationalität oder das Geschlecht (LAG Köln, Urteil v. 15.3.2017, 11 Sa 521/16[3]) der Arbeitnehmer.[4]

[1] Vgl. Rz. 837 ff. und 842 f.
[2] Vgl. sogleich Rz. 888 ff.
[3] BeckRS 2017, 124678.
[4] Vgl. hierzu Rz. 894 ff.

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