Rz. 327

Unter einer Druckkündigung versteht man das Verlangen Dritter unter Androhung von Nachteilen für den Arbeitgeber, einen bestimmten Arbeitnehmer zu entlassen. Merkmal der Druckkündigung ist die Drohung mit Sanktionen durch andere Mitarbeiter oder sonstige Dritte, bei Nichtentlassung des betroffenen Arbeitnehmers die Beziehungen zum Arbeitgeber zu beenden. Die Druckkündigung kann als verhaltens-, als personen- oder als betriebsbedingter Kündigungsgrund zu überprüfen sein.

 

Rz. 328

Um eine verhaltensbedingte Druckkündigung handelt es sich dann, wenn das – berechtigte – Verlangen durch einen im Verhalten des Arbeitnehmers liegenden Grund bewirkt wurde. In diesem Fall liegt es – nach entsprechenden Abwehrversuchen des Arbeitgebers – in seinem Ermessen, eine verhaltensbedingte Kündigung auszusprechen (BAG, Urteil v. 19.6.1986, 2 AZR 563/85[1]; BAG, Urteil v. 15.12.2016, 2 AZR 431/15[2]). Das ernstliche Verlangen kann auch dann einen Grund zur Kündigung bilden, wenn es an einer objektiven Rechtfertigung der Drohung fehlt. In diesem Fall käme dann ggf. eine betriebsbedingte Druckkündigung in Betracht (BAG, Urteil v. 18.7.2013, 6 AZR 420/12[3]).

 

Beispiel

Ein Mitarbeiter wird bei einem Kunden eingesetzt, der mit den Leistungen und dem Verhalten des Arbeitnehmers unzufrieden ist und für den Fall seines weiteren Einsatzes mit dem Abbruch der vertraglichen Geschäftsbeziehungen droht.

Die nachhaltige Weigerung erheblicher Teile der Belegschaft mit einem wegen Kindesmissbrauchs verurteilten Arbeitnehmer nach verbüßter Haftstrafe zusammenzuarbeiten, kann nach wiederholten Arbeitsniederlegungen von Kollegen den Ausspruch einer sog. "Druckkündigung" rechtfertigen, wenn der Arbeitgeber ausreichend versucht hat, die Belegschaft anders als durch die Kündigung des betroffenen Arbeitnehmers von ihrer Drohung abzubringen(BAG, Urteil v. 15.12.2016, 2 AZR 431/15[4]).

 

Rz. 329

Eine Druckkündigung unterliegt jedoch strengen Anforderungen. Insbesondere darf der Arbeitgeber dem Kündigungsverlangen eines Dritten nicht ohne Weiteres nachgeben. Der Arbeitgeber hat in der durch Dritte herbeigeführten Drucksituation die arbeitsvertragliche Fürsorgeverpflichtung, alles Zumutbare zu versuchen, um die Belegschaft oder die Dritten von ihrer Drohung abzubringen. Er hat sich schützend vor den Betroffenen zu stellen (BAG, Urteil v. 19.7.2016, 2 AZR 637/15[5]). Hierfür muss er mehr tun, als nur Gespräche mit den die Drohung aussprechenden Dritten zu führen. Ggf. muss er gemeinsame Aussprachen moderieren und verdeutlichen, dass aus seiner Sicht ein objektiver Anlass für eine Kündigung nicht besteht. Nur wenn gleichwohl ein Verhalten in Aussicht gestellt wird – z. B. Streik, Massenkündigung oder Abbruch von Geschäftsbeziehungen –, dadurch schwere wirtschaftliche Schäden für den Arbeitgeber drohen und eine Kündigung praktisch das einzige in Betracht kommende Mittel ist, kann die Kündigung gerechtfertigt sein (BAG, Urteil v. 10.12.1992, 2 AZR 271/92[6]).

[1] AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 33.
[2] AP BGB § 626 Druckkündigung Nr. 16.
[3] AP BGB § 626 Druckkündigung Nr. 14.
[4] AP BGB § 626 Druckkündigung Nr. 16: Hier hatte der Arbeitgeber nicht ausreichend versucht, die Belegschaft anders als durch die Kündigung des betroffenen Arbeitnehmers von ihrer Drohung abzubringen.
[5] NZA 2017 S. 116.
[6] AP GG Art. 140 Nr. 41.

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