Rz. 64

Erweist sich die Entscheidung nachträglich als unrichtig, muss sich die Krankenkasse mit dem Leistungserbringer auseinandersetzen und dort ihre Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung geltend machen. Allerdings entfällt die Bindung der Entscheidung des Krankenhauses dann, wenn der Krankenhausarzt vorausschauend hätte erkennen können, dass die geklagten Beschwerden nicht die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung begründen (näher oben Rz. 26 f.).

 

Rz. 65

Können sich Krankenkasse und Krankenhaus über die Vergütungsansprüche nicht einigen, muss das Krankenhaus seine Ansprüche im Wege der allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) geltend machen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht. Allerdings sah der zum 1.8.2013 eingeführte § 17c Abs. 4b Satz 3 KHG a. F. in Abrechnungsstreitigkeiten mit einem unter 2.000,00 EUR liegenden Streitgegenstand ein obligatorisches Schlichtungsverfahren vor einem Schlichtungsausschuss vor. Mit Wirkung zum 1.1. 2016 wurde dieses Schlichtungsverfahren wieder abgeschafft.

Nunmehr sieht § 17c Abs. 2b KHG vor, dass eine gerichtliche Überprüfung einer Krankenhausabrechnung über die Versorgung von Patientinnen und Patienten, die nach Inkrafttreten der Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V (Prüfverfahrensvereinbarung – PrüfvV) oder deren Festsetzung durch die Schiedsstelle aufgenommen werden,, wenn vor der Klageerhebung die Rechtmäßigkeit der Abrechnung einzelfallbezogen zwischen Krankenkasse und Krankenhaus erörtert worden ist. Aktuell hat die Schiedsstelle mit Beschluss vom 22.6.2021 eine neue Prüfverfahrensvereinbarung festgesetzt, die für die Überprüfung bei Patienten mit Aufnahme ab dem 1.1.2022 gilt. Nach § 7 Abs. 2 Satz 9 PrüfvV 2022 erfolgte bei unvollständiger Übermittlung von Unterlagen nicht mehr eine Kürzung auf den strittigen Betrag, sondern eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD) auf der Basis der vorliegenden Unterlagen. Für den Fall, dass gar keine Unterlagen an den MD innerhalb der Frist übermittelt werden, gilt der Fall als erörtert und das Krankenhaus ist mit etwaigen Einwendungen und Tatsachenvortrag ausgeschlossen (§ 7 Abs. 2 Satz 10 PrüfvV 2022). Zudem ist in den §§ 9 und 10 PrüfvV 2022 nunmehr ein Erörterungsverfahren nach MD-Prüfung geregelt. Dieses wird dann durchgeführt, wenn das Krankenhaus innerhalb von 6 Wochen nach Zugang der Entscheidung der Krankenkasse gegenüber der Krankenkasse erklärt, dass es mit der Entscheidung nicht einverstanden ist (vgl. zur Problemstellung näher Sommer, jurisPR-SozR 8/2022 Anm.3; zur Rechtslage zuvor auch BSG, Urteil v. 10.11.2021, B 1 KR 22/21 R).

 

Rz. 66

Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und i. S. v. § 39 Abs. 1 Satz 2 erforderlich ist (st. Rspr., vgl. nur BSG, Urteil v. 14.10.2014, B 1 KR 27/13 R m. w. N.). Im Streit über die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung finden die Grundsätze der Verteilung der objektiven Beweislast Anwendung, die die Rechtsprechung des BSG entwickelt hat. Danach geht die Unerweislichkeit einer Tatsache im Zweifel zulasten des Beteiligten, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge ableitet. Der Vergütungsanspruch geht also ins Leere, wenn das Krankenhaus die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung nicht beweisen kann. Bei erfolgter, vorbehaltloser Bezahlung berechneter Krankenhausvergütung trägt demgegenüber die Krankenkasse grundsätzlich das Risiko der Nichterweislichkeit der Tatsachen, aus denen sich das behauptete Nichtbestehen eines Rechtsgrundes der erbrachten Leistungen ableitet. Erfordert eine tatsächlich erfolgte stationäre Behandlung allerdings regelhaft keine stationäre Krankenhausbehandlung, sondern kann sie regelmäßig nach den Regeln der ärztlichen Kunst ambulant erbracht werden, kann sich die Krankenkasse auch im Erstattungsstreit wegen vorbehaltlos gezahlter Vergütung regelmäßig darauf beschränken, die vom Krankenhaus vor der Bezahlung mitgeteilten Rechtsgründe auszuräumen (BSG, Urteil v. 14.10.2014, B 1 KR 27/13 R; ausführlich ferner auch für den Fall einer zuvor erteilten Kostenzusage Knispel, in: BeckOK Sozialrecht, § 39 SGB V, Rz. 79 und 102).

 

Rz. 67

Stellt sich heraus, dass die Behandlung im Krankenhaus durch einen "Arzt" erfolgt ist, der bei seiner Einstellung eine gefälschte Approbationsurkunde und insbesondere auch ein gefälschtes Zeugnis über das Bestehen der ärztlichen Prüfung vorgelegt hatte, steht der Krankenkasse im Regelfall kein Schadensersatzanspruch gegen das Krankenhaus zu. Ein Krankenhaus ist nämlich nicht ohne Weiteres verpflichtet, die Qualifikation eines Arztes zu überprüfen. Es kommt allerdings ein Erstattungsanspruch aus den Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs als auch aus § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i. V. m. §§ 812ff. BGB in Betracht (BSG,...

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