Rz. 109

Frauen, deren durchschnittliches kalendertägliches Nettoarbeitsentgelt 13,00 EUR (auch aus mehreren Arbeitsverhältnissen) übersteigt, erhalten für die Dauer des Anspruchs auf Mutterschaftsgeld den 13,00 EUR übersteigenden Betrag als Zuschuss zum Mutterschaftsgeld von ihrem Arbeitgeber (§ 20 Abs. 1 MuSchG). Anstelle des Arbeitgebers tritt bei Teilnehmerinnen am Bundesfreiwilligendienst die Dienststelle bzw. der Bund und bei Teilnehmerinnen am Jugendfreiwilligendienst (freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr) der entsprechende Träger.

Der Zuschuss und das Mutterschaftsgeld sollen die Arbeitnehmerin während der Schutzfristen wirtschaftlich dadurch absichern, dass beide Leistungen grundsätzlich zusammen die Höhe des Nettoverdienstes des Bezugszeitraums erreichen (BAG, Urteil v. 1.6.1988, 5 AZR 464/87; vgl. auch LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 24.11.2011, 21 Sa 82/11). Durch die Kombination von Mutterschaftsgeld und Zuschuss wird die Mutter deshalb finanziell so abgesichert, dass für sie kein Anreiz besteht, unter Inkaufnahme von gesundheitlichen Gefährdungen zum Zwecke der Existenzsicherung zu arbeiten (BVerfG, Entscheidung v. 18.11.2003, 1 BvR 302/96).

Die Verpflichtung zur Zahlung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld erlischt vorzeitig mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses, da mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses die gegenseitigen arbeitsrechtlichen Rechte und Pflichten erlöschen.

 

Rz. 110

Die Arbeitnehmerin kann den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld ansonsten grundsätzlich für den gleichen Zeitraum wie das Mutterschaftsgeld beanspruchen (BAG, Urteil v. 7.10.1987, 5 AZR 610/86). Bei Frauen, die Mutterschaftsgeld nicht von der Krankenkasse, sondern nach § 19 Abs. 2 MuSchG zulasten des Bundesamtes für Soziale Sicherung beanspruchen können und deren Mutterschaftsgeld wegen Erreichung des Höchstmutterschaftsgeldes (Gesamtbetrag 210,00 EUR; vgl. Rz. 39) eingestellt wird, ist dabei zu beachten, dass der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld bis zur Beendigung der arbeitsrechtlichen Schutzfristen zu zahlen ist.

 
Praxis-Beispiel

Eine privat krankenversicherte Frau übt eine wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze krankenversicherungsfreie Beschäftigung aus. Das aus dem Bemessungszeitraum berechnete Nettoarbeitsentgelt beträgt täglich 140,00 EUR.

Die Schutzfristen verlaufen vom 31.1. bis 9.5. (entspricht auch der grundsätzlichen Dauer der Zahlung des Mutterschaftsgeldes bei einer bei der gesetzlichen Krankenkasse versicherten Arbeitnehmerin).

Lösung:

Mutterschaftsgeld ist gemäß § 19 Abs. 2 MuSchG nur für die Zeit vom 31.1. bis 15.2. (= 16 Tage) i. H. v. täglich 13,00 EUR und für den 16.2. i. H. v. 2,00 EUR zu zahlen. Dann ist der Höchstbetrag von 210,00 EUR erreicht. Daneben hat der Arbeitgeber den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld i. H. v. (140,00 EUR abzüglich 13,00 EUR =) 127,00 EUR täglich für die Zeit vom 31.1. bis 9.5. zu zahlen (= 99 Tage × 127,00 EUR = 12.573,00 EUR).

 

Rz. 111

Der Anspruch auf den Zuschuss des Arbeitgebers nach § 20 Abs. 1 MuSchG entfällt nicht deshalb, weil die Frau während der Schutzfristen arbeitsunfähig krank ist (BAG, Urteil v. 12.3.1997, 5 AZR 226/96).

Hatte die Frau bei Beginn der Schutzfrist unbezahlten Sonderurlaub, besteht der Anspruch auf den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld erst ab dem Tag nach Beendigung des Sonderurlaubs (BAG, Urteil v. 25.2.2004, 5 AZR 160/03).

Während eines Streiks bzw. Arbeitskampfs, der zur vollständigen Stilllegung des Unternehmens bzw. Betriebs führt, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, den Zuschuss nach § 20 Abs. 1 MuSchG zu zahlen; die Mutter verbleibt nämlich trotz der Schutzfristen im Verband der Belegschaft. Sie teilt damit die rechtliche und wirtschaftliche Lage der Belegschaft im Arbeitskampf (vgl. BAG, Beschluss v. 21.04.1971, GS 1/68). In diesen Fällen ist das Mutterschaftsgeld trotz des Wegfalls des Zuschusses nicht in Höhe des Krankengeldes (§ 24i Abs. 2 Satz 5) zu zahlen.

Bei einem Streik, der dagegen nicht zur völligen Stilllegung des Unternehmens führt, hängt der Anspruch auf den Zuschuss davon ab, ob sich die Frau an dem Arbeitskampf beteiligt hat/hätte oder nicht. Hat sich die Frau vor Beginn der Schutzfrist, z. B. durch Arbeitsniederlegung, am Streik beteiligt und unterstützt sie die Streikaktion aktiv während der Schutzfrist, fällt der Anspruch auf den Zuschuss weg, weil die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis ruhen (LAG Berlin, Urteil v. 28.7.1992, 11 Sa 114/90). Hat sich die Frau allerdings nicht am Streik beteiligt, bleiben die Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis bestehen. Die Frau erhält weiterhin den Zuschuss des Arbeitgebers.

Für die Dauer einer rechtmäßigen Aussperrung besteht kein Anspruch auf den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld (BAG, Urteil v. 22.10.1986, 5 AZR 550/85). Es erfolgt auch keine Umwandlung des Mutterschaftsgeldes hinsichtlich seiner Berechnung (keine Neu-Berechnung nach § 24i Abs. 2 Satz 5 für die Zeit der Aussperrung); es können höchstens 13,00 EUR täglich gezahlt werden.

 

Rz. 112

Bei dem Beginn der Schutzfrist...

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