Rz. 32

Ein zum Zeitpunkt der Drucklegung wegweisendes Urteil ist das zum Zeitpunkt der Drucklegung noch nicht rechtskräftige Urteil des LSG Sachsen v. 21.9.2022 (L 1 KR 365/20). Das Urteil setzt sich mit den Fallgestaltungen auseinander, in denen die stufenweise Wiedereingliederung in einem inneren Zusammenhang mit einer ambulanten oder stationären Rehabilitationsleistung nach § 40 SGB V (adäquat § 41 SGB V)

  1. steht oder
  2. nicht steht.

zu a)

Steht die stufenweise Wiedereingliederung mit einer von der Krankenkasse durchgeführten Rehabilitationsleistung nach § 40 SGB V (adäquat § 41 SGB V) in einem inneren Zusammenhang, bejaht das LSG Sachsen mit dem Urteil v. 21.9.2022 (L 1 KR 365/20) den Anspruch auf Fahrkosten im Rahmen des § 60 Abs. 5 SGB V. Danach werden Reisekosten im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 73 Abs. 1 und 3 SGB IX übernommen. Ist kein Zusammenhang gegeben, wird der Anspruch verneint (LSG Sachsen, Urteil v. 21.9.2022, L 1 KR 340/21; noch nicht rechtskräftig; vgl. Ausführungen zu b).

Das LSG begründet sein Urteil (L 1 KR 365/20) u. a. wie folgt:

Zitat

Zu den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation kann die stufenweise Wiedereingliederung nur dann zählen, wenn sie mit einer eigentlichen medizinischen Rehabilitationsleistung in einem so engen Zusammenhang steht, dass sie als ein auf das Rehabilitationsziel zu beziehender Bestandteil einer in der Zusammenschau einheitlichen (Gesamt-)Maßnahme gewertet werden kann (BSG, Urteil vom 29.1.2008 – B 5a/5 R 26/07 R – juris Rn. 27 f.; Urteil vom 5.2.2009 – B 13 R 27/08 R – juris Rn. 20 f.; Urteil vom 20.10.2009 – B 5 R 44/08 R – juris Rn. 34). Dies hat das BSG zwar zur Abgrenzung der Zuständigkeiten von Kranken- und Rentenversicherungsträgern entschieden, beansprucht aber auch für die Leistungsansprüche der Versicherten Geltung. Danach ist – der gesetzlichen Wertung in § 44 SGB IX entsprechend – die stufenweise Wiedereingliederung leistungsrechtlich nicht für sich allein Bestandteil der medizinischen Rehabilitation, sondern nur, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation erfolgt. Soweit das BSG in der stufenweisen Wiedereingliederung eine "Hauptleistung" erblickt hat (Urteil vom 20.10.2009 – B 5 R 44/08 R – juris Rn. 38), folgt daraus nichts anderes. Denn damit hat das BSG nur begründet, warum die stufenweise Wiedereingliederung von Nebenleistungen wie dem Übergangsgeld (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) begleitet werden kann. Nicht aufgegeben, sondern vielmehr daran festgehalten hat das BSG, dass sich die stufenweise Wiedereingliederung als Bestandteil einer einheitlichen (Gesamt-)Maßnahme darstellen muss (Urteil vom 20.10.2009 – B 5 R 44/08 R – juris Rn. 34).

zu b)

Steht die stufenweise Wiedereingliederung nicht mit einer durchgeführten Rehabilitationsleistung nach § 40 SGB V (adäquat § 41 SGB V) in einem inneren Zusammenhang, kommt als Anspruchsgrundlage für die Erstattung von Fahrkosten zur Arbeitsstelle während einer stufenweisen Wiedereingliederung allein § 60 SGB V in Betracht. Diese Vorschrift regelt die krankenversicherungsrechtlichen Ansprüche auf Übernahme von Fahrkosten abschließend (vgl. auch BSG, Urteil v. 13.12.2016, B 1 KR 2/16 R).

Ansprüche können sich in diesen Fällen – wenn überhaupt – nur aus Abs. 1 oder Abs. 5 des § 60 SGB V ergeben. Ansprüche nach § 60 Abs. 1 SGB V bestehen jedoch nur, wenn aufgrund des dortigen Verweises auf Abs. 2 einer der dort aufgezählten Tatbestände erfüllt ist, was bei einer solitären stufenweise Wiedereingliederung nicht der Fall ist (Tatbestände: Zusammenhang mit einer stationären Krankenhausbehandlung, einer Rettungsfahrt, eines Krankentransportes oder einer vor- oder nachstationären Krankenhausbehandlung). Somit bleibt noch § 60 Abs. 5 als Rechtsgrundlage. Danach übernimmt die Krankenkasse Reisekosten im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 73 Abs. 1 und 3 SGB IX. Es stellt sich also die Frage, ob die solitäre stufenweise Wiedereingliederung der Leistung zur medizinischen Rehabilitation zuzuordnen ist. Zu dieser Thematik setzt sich das LSG Sachsen in seinem Urteil v. 21.9.2022 (L 1 KR 340/21; zum Zeitpunkt der Drucklegung noch nicht rechtskräftig) mit unterschiedlichen Aspekten auseinander:

Aspekt: Ausgestaltung als Leistung zur medizinischen Rehabilitation

Zitat

Im SGB V ist die stufenweise Wiedereingliederung nicht als Leistung zur medizinischen Rehabilitation ausgestaltet. Eine Regelung hat die stufenweise Wiedereingliederung nicht im Leistungsrecht, sondern im Vertragsarztrecht gefunden, nämlich in § 74 SGB V. Dort sind nur besondere Prüfungs- und Feststellungspflichten des Vertragsarztes zu Art und Umfang trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit möglicher Erwerbstätigkeiten geregelt, deren Verrichtung prognostisch die Möglichkeiten einer Wiedereingliederung in das Erwerbsleben verbessert. Die auf dieser Feststellung beruhenden Rechtsverhältnisse gestaltet § 74 SGB V nicht aus. Vor allem räumt § 74 SGB V dem Versicherten keinen A...

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