Rz. 8

Die Vorschrift regelt die Anrechnung schwerbehinderter Menschen, die in Teilzeit beschäftigt sind. Voraussetzung ist nach Satz 1, dass die wöchentliche Arbeitszeit wenigstens 18 Stunden beträgt. Diese Untergrenze entspricht der Grenze des § 156 Abs. 3, wonach nur diejenigen Stellen nicht als Arbeitsplätze gelten, bei denen die wöchentliche Arbeitszeit weniger als 18 Stunden beträgt. Beträgt die wöchentliche Arbeitszeit des Beschäftigten also wenigstens 18 Stunden, handelt es sich um zu zählende Pflichtarbeitsplätze, weshalb ein hierauf beschäftigter schwerbehinderter Mensch anzurechnen ist. Die Grenze von 18 Stunden wöchentlich entspricht der bis zum 31.12.1997 im Arbeitsförderungsrecht maßgeblichen "Kurzzeitigkeitsgrenze" (§ 102). Bis zu dieser Grenze galt Beitragsfreiheit zur Arbeitslosenversicherung. Mit dem In-Kraft-Treten des SGB III wurde die Kurzzeitigkeitsgrenze auf 15 Stunden wöchentlich und damit der seinerzeit im Sozialversicherungsrecht (vgl. § 8 SGB IV) geltenden "Geringfügigkeitsgrenze" angepasst. Im Schwerbehindertenrecht wurde die Grenze von 18 Stunden jedoch beibehalten, andernfalls wäre eine erhebliche Zahl von Arbeitsplätzen, nämlich solche mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 15 bis weniger als 18 Stunden wöchentlich bei der Ermittlung der Mindestzahl von Arbeitsplätzen und der Zahl der Pflichtarbeitsplätze berücksichtigt worden. Dies hätte zu einer Ausweitung der Beschäftigungspflicht geführt.

 

Rz. 9

Eine Ausnahme gilt ausdrücklich im Zusammenhang mit der Erbringung finanzieller Leistungen durch die Integrationsämter. Hier ist geregelt, dass Leistungen auch bei Arbeits- und sonstigen Beschäftigungsverhältnissen mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von wenigstens 15 Stunden erbracht werden können (§ 185 Abs. 2 Satz 3), seit dem 1.8.2016 bei einer Beschäftigung in einem Inklusionsbetrieb auch bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von wenigstens 12 Stunden. Diesbezüglich gelten also auch Arbeits- und sonstige Beschäftigungsverhältnisse mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von wenigstens 15 Stunden (bzw. 12 Stunden) als Arbeitsplätze.

 

Rz. 10

Satz 3 lässt über Satz 1 hinaus auch die Anrechnung eines schwerbehinderten Teilzeitbeschäftigten zu, wenn die wöchentliche Arbeitszeit weniger als 18 Stunden beträgt. Voraussetzung für die Anrechnung ist aber, dass die Teilzeitbeschäftigung in diesem reduzierten Umfang wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich ist.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt aufgrund des mit dem Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen eingefügten Satzes 2 für schwerbehinderte Menschen, die in Altersteilzeit mit einer auf weniger als 18 Stunden wöchentlich herabgesetzten Arbeitszeit beschäftigt sind. Gesetzliche Regelungen im Altersteilzeitgesetz und diese ergänzende tarifvertragliche Regelungen sehen die Möglichkeit der Altersteilzeit bei Herabsetzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die Hälfte der vorherigen Arbeitszeit vor. Sinkt die wöchentliche Arbeitszeit damit auf weniger als 18 Stunden, zählen die Stellen, auf denen die Beschäftigten tätig sind, fortan für den Umfang der Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers nach § 156 Abs. 3 nicht mehr als Arbeitsplätze. Dies hätte allerdings zur Folge, dass schwerbehinderte Menschen, die in Altersteilzeit auf solchen Stellen beschäftigt sind, nach den Grundsätzen des Abs. 1 auch nicht mehr auf die Pflichtarbeitsplätze angerechnet werden könnten. Dies hätte wiederum zur Folge, dass der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht nicht mehr voll erfüllen würde und die Ausgleichsabgabe zahlen müsste. Diese Auswirkung wird nun dadurch vermieden, dass schwerbehinderte Menschen, die auf solchen Stellen beschäftigt sind, weiterhin auf die Pflichtarbeitsplätze des Arbeitgebers angerechnet werden.

Mit dem Teilhabestärkungsgesetz v. 2.6.2021 sind mit Wirkung zum 10.6.2021 (Tag des Inkrafttretens des Gesetzes) nach dem Wort "Altersteilzeit" die Wörter "oder Teilzeitberufsausbildung" eingefügt worden. Durch Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung v. 12.12.2019 (BGBl. I S. 2522) war in § 7a des Berufsbildungsgesetzes die Möglichkeit geregelt worden, die tägliche oder wöchentliche Ausbildungszeit um bis zu 50 % zu kürzen. Die Ergänzung in Satz 2 stellt nun sicher, dass die Teilzeitberufsausbildung bei der Anrechnung Beschäftigter auf die Zahl der Pflichtarbeitsplätze schwerbehinderter Menschen ohne Einschränkungen und unabhängig von der vereinbarten wöchentlichen Ausbildungszeit berücksichtigt wird.

 

Rz. 11

Für die Anrechnung auf einen Pflichtarbeitsplatz ist die Bundesagentur für Arbeit zuständig. Die Formulierung des Satzes 2 "lässt die Bundesagentur für Arbeit die Anrechnung zu" hat zwar anders als die frühere Vorschrift in § 9 Abs. 2 Satz 2 SchwbG "hat das Arbeitsamt ... zuzulassen" keinen auffordernden Charakter. Die Formulierung ist aber – wie an verschiedenen Stellen im SGB IX sonst auch – im "imperativen Präsens" gefasst, sodass der Bundesagentur ...

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