Rz. 269

Die Kündigung durch den Arbeitgeber ist eine privatrechtliche einseitige Willenserklärung, durch die das Arbeitsverhältnis rechtsgestaltend aufgelöst werden soll. Die Willenserklärung des Arbeitgebers ist empfangsbedürftig. Bei Einwurf in den Hausbriefkasten kommt es für den Zeitpunkt des Zugangs auf den Zeitpunkt an, zu dem nach der Verkehrsanschauung mit der Entnahme zu rechnen ist (BAG, Urteil v. 22.8.2019, 2 AZR 111/19). Das Gesetz schreibt die Schriftform vor (§ 623 BGB). Eine rechtsunwirksame Kündigungserklärung kann ggf. ein Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags sein (Umdeutung der Kündigungserklärung). Aus der Kündigung muss sich eindeutig ergeben, ob es sich um eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung handeln soll. Eine Kündigungserklärung kann bis auf Ausnahmen nicht mit Bedingungen verknüpft werden. Sonderformen sind die Änderungskündigung und die vorsorgliche Kündigung (auch: hilfsweise Kündigung) für den Fall der Rechtsunwirksamkeit der bereits ausgesprochenen Kündigung. Für den Eintritt einer Sperrzeit ist nicht relevant, dass eine Kündigung ggf. rechtswidrig ist, weil gegen das Schriftformgebot verstoßen wurde, das Integrationsamt nicht um Zustimmung gebeten wurde oder der Betriebsrat nicht angehört wurde, weil es allein auf das objektiv arbeitsvertragswidrige Verhalten ankommt. Die Umdeutung in ein Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages ist nur möglich, wenn sich aus der Kündigungserklärung der Wille des Arbeitgebers ergibt, das Arbeitsverhältnis auch bei Fehlen eines Kündigungsgrundes beenden zu wollen. Der Arbeitnehmer kann ein solches umgedeutetes Angebot wegen des Schriftformerfordernisses nicht konkludent annehmen, sondern in Kenntnis der Unwirksamkeit der Kündigung nur ausdrücklich.

 

Rz. 269a

Der Arbeitgeber trägt das Risiko einer rechtsunwirksamen Kündigung, wenn er seinen Kündigungsgrund dem Personalrat bzw. Betriebsrat nicht mitteilt, diese kann er in einem Kündigungsschutzprozess auch nicht verwenden. Das LAG Berlin-Brandenburg hat die mangelnde Eignung eines Lehrers als Kündigungsgrund, der wegen mangelnder Eignung aufgrund rechtsextremer Gesinnung (Tragen von rechtsextremen Tattoos) gekündigt worden war, erst gar nicht überprüft, weil es an der Mitteilung an den Personalrat gefehlt hatte. Dass die Tattoos öffentlich gezeigt worden waren, soll die Kündigung nicht getragen haben (dies war dem Personalrat mitgeteilt worden). Angesichts dieses Umstandes wäre eine Abmahnung als milderes Mittel möglich gewesen (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 11.12.2019, 15 Sa 1496/19).

 

Rz. 270

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses wird durch den Zugang der Kündigungserklärung wirksam, auch durch persönliche Übergabe unter Anwesenden. Die Wirksamkeit der Kündigung wird nicht dadurch berührt, dass der Arbeitnehmer das Kündigungsschreiben kurz danach wieder zurückgibt. Auf eine dauerhafte Verfügungsgewalt kommt es nicht an. Auch mangelhafte Sprachkenntnisse stehen der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegen. Im Übrigen wird die Kündigung durch Zugang wirksam, wenn sie in den Empfangsbereich des Arbeitnehmers gelangt, sodass dieser darüber verfügen kann. Die Möglichkeit der Kenntnisnahme genügt. Dafür genügt die Zustellung in den Hausbriefkasten des Arbeitnehmers. Dafür kommt es darauf an, wann mit der nächsten Zustellung zu rechnen war, also nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme aus dem Briefkasten ungeachtet der individuellen Umstände zu rechnen ist. Das gilt auch bei Urlaub oder Haft des Arbeitnehmers. Die Nichtbeachtung des Zugangs oder die Behauptung, eine Kündigung nicht erhalten zu haben, kann sich als bloße Hinnahme einer Kündigung darstellen, die sperrzeitlich gleichwohl relevant wird, wenn der arbeitgeberseitigen Kündigung ein arbeitsvertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers vorausgegangen ist. Eine Kündigungserklärung mit Übergabe-Einschreiben geht mit Aushändigung durch die Post zu, bei Einwurf-Einschreiben wird die Ablage des Poststückes in den Briefkasten durch den Zusteller auf einem Beleg vermerkt. Wenn diesem Einschreiben auch nur ein begrenzter Beweiswert zugeschrieben wird, so wird doch offensichtlich das Poststück in den Verfügungsbereich des Arbeitnehmers gebracht, sodass dieser davon Kenntnis nehmen kann. Der Absender kann sich im Internet über die Zustellung informieren, der Zusteller kann über den Barcode ermittelt werden. Damit ist die tatsächliche Auslieferung aber nicht erwiesen. Es genügt auch, wenn die Kündigung unter der Wohnungstür des Arbeitnehmers durchgeschoben wird (so schon LAG Düsseldorf, Urteil v. 7.12.1995, 5 Sa 1035/95). Ebenso kann es dem Arbeitnehmer angereicht und nach dessen Verweigerung in seiner Nähe abgelegt werden, sodass er es an sich nehmen kann (BAG, Versäumnisurteil v. 26.3.2015, 2 AZR 483/14). Es genügt auch, wenn der Arbeitnehmer den Empfang der Kündigung auf dem Original bestätigt hat und ihm lediglich die Durchschrift verblieben ist (BAG, Urteil v. 4.11.2004, 2 AZR 17/04). Will der Arbeitnehmer den ...

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