Rz. 3

Begünstigt von der Sonderregelung für das Übergangsgeld sind Menschen mit Behinderungen (vgl. Komm. zu § 19). Eine Vorbeschäftigungszeit ist für Menschen mit Behinderungen entbehrlich, wenn eine der in Satz 1 Nr. 1 oder 2 abschließend aufgezählten Berufsausbildungsabschlüsse (oder Anerkennungen) innerhalb der (verlängerten; vgl. Satz 2) Jahresfrist erreicht wurden. Abschlüsse, die nicht in Satz 1 Nr. 1 oder 2 (mit Verweis auf das des BBiG oder der HwO) aufgezählt sind, hat der Gesetzgeber ausdrücklich nicht erfasst (vgl. Prüfungen zu Fortbildungen und Umschulungen nach §§ 53 bis 63 BBiG).

 

Rz. 4

Nach § 121 handelt es sich um eine Kann-Regelung. Folglich ist allein deshalb der Rechtsanspruch auf Übergangsgeld (§ 119 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 120) vorrangig durch die zuständige Agentur für Arbeit zu prüfen. Die Bewilligungs- oder Ablehnungsentscheidung der Agentur für Arbeit hat dabei nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I) zu erfolgen; hierauf hat der antragstellende Mensch mit Behinderungen einen Rechtsanspruch. Ermessensgesichtspunkte sind die bereits entschiedene Notwendigkeit der Teilnahme an der Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben und die Funktion des Übergangsgeldes als Entgeltersatzleistung. Regelmäßig wird der Mensch mit Behinderungen einen Entgeltausfall erfahren bzw. für die Sicherung des Lebensunterhalts Leistungen benötigen, sodass im Regelfall in der Verwaltungspraxis eine Leistungsgewährung durch die Agentur für Arbeit angezeigt ist. Eine Ermessensreduktion oder Ermessensreduzierung auf Null wird daher der Regelfall sein.

2.1 Berechnung der Jahresfrist

 

Rz. 5

Die Jahresfrist beginnt im Regelfall nicht automatisch einen Tag vor dem regulären Maßnahmebeginn, sondern mit der erstmaligen Teilnahme der Maßnahme. Der Maßnahmebeginn und der Teilnahmebeginn dürfte in den meisten Fällen der gleiche Tag sein. Er fällt jedoch auseinander, wenn der Maßnahmeteilnehmer zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund eines frei gewordenen Maßnahmeplatzes nachrückt. Die gesetzliche Formulierung "Teilnahme" bedingt den Antritt einer Maßnahme. Als Maßnahmen kommen alle in § 119 Satz 1 Nr. 2 genannten Maßnahmen in Betracht.

 

Rz. 6

Die Frist läuft kalendermäßig ab, weil sie einen vorausgehenden Zeitraum erfasst. Die Regelung des § 339 Satz 2, 3 findet keine Anwendung für die Fristenberechnung. Die Berechnung der Jahresfrist erfolgt daher nach den allgemeinen Verwaltungsregelungen des § 26 Abs. 1 SGB X i. V. m. §§ 187 ff. BGB. Die Rahmenfrist ist demnach im Regelfall wie folgt zu ermitteln: Der Fristbeginn ist der Tag vor der erstmaligen Teilnahme an der Maßnahme (vgl. § 26 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 187 Abs. 1 BGB). Bei der Jahresfrist läuft die Frist in die Vergangenheit, so dass die Vorschriften zur Berechnung der Fristen nach § 26 Abs. 1 SGB X i. V. m. §§ 187 ff. BGB "entgegengesetzt" anzuwenden sind. Unterbrechungstatbestände hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Das Ende der Frist liegt somit ein Jahr in der Vergangenheit und entspricht dem Tag des Teilnahmebeginns.

 
Praxis-Beispiel

Teilnahmebeginn ist am 1.9.2019.

Die Frist beginnt am 31.8.2019, läuft dann dem Kalender entsprechend für ein Jahr ab und endet am 1.9.2018.

 

Rz. 7

Falls eine längere Anreise in eine überregionale Rehabilitationseinrichtung einen Tag vor dem eigentlichen Maßnahmebeginn notwendig ist, kann im Rahmen der Auslegung der Anreisetag bereits als Teilnahmebeginn gewertet werden und zugleich einen Anspruch auf Übergangsgeld begründen. In diesen Fällen ist der Beginn der Jahresfrist entsprechend früher.

 

Rz. 8

Die Aneinanderreihung von mehreren notwendigen Rehabilitationsmaßnahmen im Rahmen der besonderen Leistungen hat Auswirkungen auf den jeweiligen Lauf der Jahresfrist. Grundsätzlich ist für jede Teilnahme die Jahresfrist gesondert zu ermitteln. Dies kann bei mehreren, langwierigen Rehabilitationsmaßnahmen im schlechtesten Fall dazu führen, dass für die erneute Teilnahme an einer Rehabilitationsmaßnahme die Sonderregelung des § 121 ins Leere läuft und ein Anspruch auf Übergangsgeld nicht mehr besteht. In diesen Fällen ist zu prüfen, ob ggf. ein Ausbildungsgeld (vgl. § 118 Satz 1 Nr. 2) erbracht werden kann. § 121 Satz 3 sieht zudem Verlängerungszeiträume für Zeiten der Arbeitslosigkeit vor (vgl. nachfolgende Komm.).

2.2 Ausbildungsabschluss nach Zulassung zur Prüfung

 

Rz. 9

Der Satz 1 Nr. 1 erfasst Berufsausbildungsabschlüsse, bei denen die spezielle Prüfung nach § 43 Abs. 2 BBiG oder § 36 Abs. 2 HwO tatsächlich bestanden wurde. Hierzu bedarf es im Vorfeld der Zulassung der Absolventen vollzeitschulischer Berufsausbildungen zur Prüfung. Der Tatbestand muss – sofern keine Verlängerungszeiten nach Satz 2 vorliegen – grundsätzlich innerhalb des letzten Jahres (vgl. Jahresfrist) vor Antritt der Maßnahme vorliegen. Diese Voraussetzung ist nach dem Wortlaut erfüllt, wenn der Zeitpunkt des Prüfungserwerbs innerhalb dieser Frist liegt.

 

Rz. 10

Bei dieser Prüfungsform handelt es sich im Vorfeld um Ausbildungen, die in einer berufsbildenden Schule oder einer sonstigen Berufsbildungseinrichtung (z. B. Berufsbildungswerk – BBW) erfolgt sind...

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