Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsweg. Streit über Höhe eines vertragsärztlichen Honoraranspruchs bei Vorliegen einer Globalzession für den pfändbaren Honoraranteil. Eröffnung des Sozialrechtswegs. keine Abtretung iS von § 53 SGB 1. Erhöhung des Pfändungsfreibetrags analog § 850f ZPO. keine Entscheidungsbefugnis der Kassenärztlichen Vereinigung. zivilgerichtliche Klärung zwischen den Parteien des Abtretungsvertrags

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für den Streit über die Höhe des zu zahlenden vertragsärztlichen Honorars ist auch im Falle einer Globalzession der pfändbaren Honoraransprüche der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben.

2. Die Abtretung vertragsärztlicher Honoraransprüche ist kein Fall des § 53 SGB I.

3. Bei der Abtretung vertragsärztlichen Honorars ist die Kassenärztliche Vereinigung als Drittschuldnerin zwar verpflichtet, den nach §§ 850a, 850c, 850d ZPO pfändbaren Anteil des Honoraranspruchs zu berechnen. Die Kassenärztliche Vereinigung sie ist jedoch nicht befugt, über die Erhöhung des pfändungsfreien Betrages analog § 850f ZPO zu entscheiden; dies ist im Verhältnis der Parteien des Abtretungsvertrages zivilgerichtlich zu klären.

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 2. Juni 2020 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

III. Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.087,29 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um eine Erhöhung des der Antragstellerin von ihrem vertragsärztlichen Honorar pfändungsfrei zu belassenden Betrages.

Die Antragstellerin nimmt als Fachärztin für Augenheilkunde in A.... an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Als Sicherheit für zwei Darlehensverträge hatte sie mit Vereinbarung vom 10.06.2010 den "der Pfändung unterworfenen Teil (§ 400 BGB) ihrer sämtlichen bestehenden und künftigen Forderungen" gegen die Antragsgegnerin - eine Kassenärztlichen Vereinigung - an die beigeladene Bank abgetreten. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Erklärung der Insolvenzverwalterin mit Schreiben vom 02.04.2012 gemäß § 35 Abs. 2 Insolvenzordnung, dass das Vermögen der Antragstellerin aus der selbständigen Tätigkeit nicht zur Insolvenzmasse gehöre und Ansprüche aus dieser Tätigkeit nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden könnten, zahlte die Antragsgegnerin nach Offenlegung der Abtretung den pfändbaren Teil des vertragsärztlichen Honorars an die Beigeladene aus.

Mit Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgericht - vom 18.05.2018 wurde der Antragstellerin Restschuldbefreiung erteilt. Am 06.09.2019 wurde das Insolvenzverfahren eingestellt.

Die Antragsgegnerin teilte der Antragstellerin mit E-Mail vom 15.04.2020 mit, dass sich unter Berücksichtigung von Änderungen ab dem Quartal IV/2019 ein neuer monatlicher Pfändungsfreibetrag in Höhe von 5.722,23 EUR ergebe und wie sich dieser zusammensetze; wie bereits telefonisch besprochen, seien die entsprechenden Nachweise einzureichen. Im Honorarbescheid vom 24.04.2020 wies die Antragsgegnerin dementsprechend einen Betrag in Höhe von 4.174,57 EUR als Einbehalt vom Honorar der Antragstellerin für das Quartal IV/2019 aus und teilte der Antragstellerin mit Schreiben vom 27.04.2020 mit, dass sie - die Antragsgegnerin - als Drittschuldnerin verpflichtet sei, den Betrag an die Beigeladene zu leisten.

Am 27.04.2020 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht (SG) Leipzig den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der Auszahlung des abtretungsbedingten Einbehalts an sie selbst beantragt. Um den Anforderungen der Hard- und Software an die Telematikinfrastruktur einschließlich der Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung zu genügen und auch um Honorarkürzungen nach § 291 Abs. 2b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zu vermeiden, müsse sie ihr veraltetes PC-Betriebssystem umstellen, da Microsoft seit Januar 2020 den Support hierfür eingestellt habe. Das mit Pflege und Wartung der Praxissoft- und -hardware beauftragte Unternehmen habe bereits im März 2020 darauf hingewiesen, dass mit dem Quartals-Update letztmalig eine Installation unter Windows 7 möglich sei, so dass eine Aktualisierung und Anpassung an die gesetzlichen Vorgaben nicht mehr zu bewerkstelligen sei. Damals habe die Firma die erforderliche Umstellung der Praxissoft- und Hardware zu einem Gesamtbetrag von 4.991,46 EUR brutto angeboten. Aus dem Umsatz mit der Antragsgegnerin unter Berücksichtigung des Pfändungsfreibetrages sei der finanzielle Aufwand zur Umstellung der Soft- und Hardware nicht zu erwirtschaften. Zusätzlich werde der Umsatz einbrechen, weil sich das Patientenaufkommen ab März 2020 wegen der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie deutlich verringert habe.

Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegen getreten, weil für das Begehren weder der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben noch sie die richtige Antragsgegnerin sei. In we...

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