Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweilige Verfügung zur Sicherung des Beschäftigungsanspruchs

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Arbeitgeber kann das Betriebsratsmitglied während des Zustimmungsverfahrens nach § 103 BetrVG nur dann einseitig von der Arbeitspflicht suspendieren, wenn der Weiterbeschäftigung überwiegende und schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen, die eine Verhinderung der Beschäftigung geradezu gebieten.

2. Ist ein (Weiterbeschäftigungs-) Gesuch um einstweiligen Rechtsschutz rechtskräftig abgewiesen worden, so steht die Rechtskraft eine Wiederholung des Gesuchs nicht entgegen, wenn inzwischen Umstände eingetreten sind, aus denen sich eine (ggf neue) Gefährdung des zu sichernden Anspruchs ergibt. Ein solcher Umstand kann auch der den Ersetzungsantrag nach § 103 Abs 2 BetrVG zurückweisende Beschluß des Arbeitsgerichts sein.

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 23.03.2000 -- 4 Ga 17/00 -- teilweise abgeändert und der Tenor in Ziff. 1 wie folgt neu gefasst:

Der Verfügungsbeklagten wird aufgegeben, die Verfügungsklägerin gemäß

Arbeitsvertrag vom 01.09.1995 vorläufig bis zum Abschluss des

Beschwerdeverfahrens betreffend die Ersetzung der Zustimmung gemäß §

103 Abs. 2 BetrVG (Az. d es Sächs. LAG: 8 TaBV 1/00) als Serviererin

weiterzubeschäftigen.

Im Übrigen wird die Berufung

zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Verfügungsklägerin zu 1/4, die Verfügungsbeklagte zu 3/4.

 

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) erstrebt im Wege des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ihre Weiterbeschäftigung als Servicekraft.

Die am 26.08.1963 geborene Klägerin ist seit 09.12.1991 bei der Beklagten in deren Betrieb "M D" als Serviererin beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt derzeit zugrunde der Arbeitsvertrag vom 01.09.1995 (Bl. 17/18 d. A.). Der Monatsverdienst der Klägerin beläuft sich derzeit auf ca. DM 2.100,00 brutto.

Die Klägerin ist Mitglied des im Betrieb M D gebildeten Betriebsrats.

Mit Schreiben vom 30.06.1999 beantragte die Beklagte die Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin, da die Klägerin zwei Salate zu je DM 7,90 nicht boniert und sich das Geld angeeignet habe. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung.

Den Antrag der Beklagten auf Ersetzung der Zustimmung wies das Arbeitsgericht Dresden mit Beschluss vom 03.12.1999, der Klägerin am 08.12.1999 zugegangen, zurück. Hiergegen legte die Beklagte Beschwerde zum Landesarbeitsgericht ein (Az. des Sächs. LAG: 8 TaBV 1/00); Termin zur Beschwerdeverhandlung ist derzeit bestimmt auf den 03.08.2000.

Mit Schreiben vom 02.07.1999 suspendierte die Beklagte die Klägerin von der Arbeit und stellte die Vergütungszahlung ein.

Den mit Schriftsatz vom 24.09.1999 gestellten Antrag auf Anordnung der Weiterbeschäftigung im Wege der einstweiligen Verfügung wies das Arbeitsgericht Dresden mit Urteil vom 05.10.1999 (Az. 16 Ga 42/99, Bl. 329 ff.) zurück, da es an einem Verfügungsgrund fehle. Das Urteil ist rechtskräftig.

Nach Erhalt des Beschlusses des Arbeitsgerichts Dresden vom 03.12.1999 forderte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 10. und vom 20.12.1999 (Bl. 23 -- 25 d. A.) unter Fristsetzung bis 13. bzw. 21.12.1999 auf, ihr einen Arbeitsplatz zuzuweisen. Sie erhielt hierauf keine Antwort. Die Beschwerdeschrift in dem Zustimmungsersetzungsverfahren wurde der Klägerin am 24.01.2000 zugestellt.

Mit am 08.02.2000 beim Arbeitsgericht eingegangener Antragschrift hat die Klägerin die Ansicht vertreten, ihr stünde auch ein Verfügungsgrund zur Seite, denn durch die weitere Nichtbeschäftigung verliere sie den Kontakt zu Kunden und Kollegen, außerdem werde ihr guter Ruf bei Gästen in erheblichem Umfange in Mitleidenschaft gezogen.

Die Klägerin hat beantragt,

der Beklagten aufzugeben, bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden

Zwangsgeldes bis zu 50.000,00 DM bzw. Zwangshaft gegen die gesetzlichen

Vertreter der Beklagten, die Klägerin als Servicekraft entsprechend der

bisherigen Ausgestaltung des Arbeitsplatzes sowie in Form des

Änderungsvertrages vom 01.09.1995 einzusetzen und tätig werden zu lassen.

Die Beklagte hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Beklagte hat entgegnet, es entstünden keine Nachteile für die Klägerin durch die Nichtbeschäftigung. Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes habe die Klägerin durch ihr zögerliches Verhalten selbst widerlegt. Der Klägerin stünde auch kein Verfügungsanspruch zu. Sie habe Vermögenswerte der Beklagten unterschlagen. Im Falle einer Weiterbeschäftigung entstünde eine hinreichende Vermögensgefährdung der Beklagten.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 23.03.2000 dem Antrag der Klägerin stattgegeben, der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sowie den Streitwert auf DM 3.360,00 festgesetzt. Es hat in den Entscheidungsgründen, auf welche im Übrigen Bezug genommen wird (Bl. 303/304 d. A.), u. a. ausgeführt, sowohl Verfügungsanspruch wie Verfüg...

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