Rz. 79

Trinkgelder werden lediglich dann bei der Berechnung des fortzuzahlenden Entgelts berücksichtigt, wenn sie Gegenstand eines arbeitsvertraglich vereinbarten Anspruchs des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber sind. Handelt es sich bei den Trinkgeldern um Leistungen, die von den Gästen freiwillig erbracht werden, gehören sie nicht zum – fortzuzahlenden – Arbeitsentgelt; sie werden ohne rechtliche Verpflichtung als persönliche Zuwendung aus einer bestimmten Motivationslage heraus von Dritten erbracht.[1]

 
Praxis-Beispiel

(nach BAG, Urteil v. 28.6.1995, 7 AZR 1001/94[2]):

Serviererin A erhält ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt in Höhe von 1.700 EUR. Sie erhält nach ihrer Berechnung im Monat Trinkgelder von den Gästen in Höhe von durchschnittlich 90 EUR; dies entspricht einem Tagesdurchschnitt von 5 EUR. Vom 1. bis 4.3.2005 fehlt A aufgrund von Arbeitsunfähigkeit. Der Arbeitgeber zahlt das Arbeitsentgelt fort; er weigert sich jedoch, das der Klägerin entgangene Trinkgeld für 4 Tage, mithin 20 EUR, zu zahlen. A argumentiert, dieses sei Arbeitsentgelt in Form von Naturalvergütung.

Nach der zitierten Rechtsprechung des BAG besteht kein Anspruch der Serviererin auf Fortzahlung der Trinkgelder, weil es sich bei diesen um freiwillige Leistungen der Gäste handelt, auf die arbeitsvertraglich kein Anspruch der A gegenüber ihrem Arbeitgeber besteht.

Das BAG weist allerdings auf eine differenzierende Auffassung hin, wonach Trinkgelder dann fortzuzahlen sein können, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich nur ein relativ niedriges Fixum erhält und bei seiner Vergütung die weitgehend sicher zu realisierende Chance auf Trinkgeld mit berücksichtigt wird.[3] Auch nach dieser Auffassung hätte jedoch A vorliegend keinen Anspruch auf Fortzahlung der Trinkgelder, da das Trinkgeld neben dem Bruttomonatsentgelt hier lediglich eine bloße Zusatzeinnahme bietet, auf die A nicht existenziell angewiesen ist.

 

Rz. 80

Fließen Trinkgelder – wie dies etwa in Spielbanken üblich ist – in einen sogenannten "Tronc", aus dem dann die Arbeitnehmer vergütet werden, so sind diese Trinkgelder Bestandteil des Arbeitsentgelts und mithin fortzuzahlen.[4]

 

Rz. 81

Bedienungsgelder sind dann – fortzuzahlendes – Arbeitsentgelt, wenn sie aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung gewährt werden.[5]

[1] BAG, Urteil v. 28.6.1995, 7 AZR 1001/94, NZA 1996, 252, DB 1996, S. 226, AP Nr. 112 zu § 37 BetrVG 1972; vgl. zu Trinkgeldern auch Zumbansen/Kim, BB 1999, S. 2454.
[2] NZA 1996, 252, DB 1996, S. 226, AP Nr. 112 zu § 37 BetrVG 1972.
[3] So etwa Wedde/Kunz, EFZG, 4. Aufl. 2015, § 4 EFZG, Rz. 23.
[4] Wedde/Kunz, EFZG, 4. Aufl. 2015, § 4 EFZG, Rz. 23; BAG, Urteil v. 3.3.1999, 5 AZR 363/98, NZA 1999, 884, AP Nr. 21 zu § 611 BGB Croupier; vgl. auch Salje, DB 1989, S. 321.
[5] Schmitt/Küfner-Schmitt, EFZG, 9. Aufl. 2023, § 4 EFZG, Rz. 86; Knorr/Krasney/v. Creytz, EFZ, Loseblatt, Stand: 7/2023, F, S. 425, Rz. 60.

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