Unternehmen haben schon jetzt zahlreiche Berichtspflichten. Nach deutschem Recht sind Kapitalgesellschaften[1] und Personen(handels)gesellschaften mit vergleichbarer Haftungsstruktur[2] dazu verpflichtet, einen Jahresabschluss i. S. d. §§ 24 ff. HGB und einen Lagebericht i. S. v. § 289 HGB zu erstellen.

Am 26.6.2013 begann die Europäische Union, die Berichtspflichten von Unternehmen im europäischen Binnenmarkt zu strukturieren und zu vereinheitlichen.[3] Die Begriffsbestimmungen und Definitionen der Richtlinie sind bis heute unverändert geblieben und damit weiterhin bestimmend für das Verständnis aller nachfolgenden Regelungen über unternehmensbezogene Berichte:

3.1 Kategorien von Unternehmen

Einerseits unterscheidet die Richtlinie begrifflich zwischen Unternehmen im öffentlichen Interesse und sonstigen Unternehmen.[1]

Unternehmen im öffentlichen Interesse sind

  • Unternehmen, die unter das Recht eines Mitgliedstaates fallen und deren Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt eines Mitgliedstaates zugelassen sind oder
  • Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und alle anderen Unternehmen, die von Mitgliedstaaten als Unternehmen von öffentlichem Interesse bestimmt werden.

Andererseits definiert die Richtlinie verschiedene Kategorien von Unternehmen und Unternehmensgruppen[2] nach Bilanzsumme, Nettoumsatzerlös und durchschnittlicher Zahl der Beschäftigten während des Geschäftsjahres, die kumulativ vorliegen müssen, um die jeweilige Kategorie zu erfüllen:

 

Übersicht: Kategorien von Unternehmen

  Große Unternehmen bzw. Gruppen[3] Mittlere Unternehmen bzw. Gruppen[4] Kleine Unternehmen bzw. Gruppen[5] Kleinstunternehmen[6]
Bilanzsumme > 20 Mio EUR < / = 20 Mio. EUR < / = 4 Mio. EUR < / = 350.000 EUR
Nettoumsatzerlös > 40 Mio. EUR < / = 40 Mio. EUR < / = 8 Mio. EUR < / = 700.000 EUR
Durchschnitt: Beschäftigte pro Geschäftsjahr > 250 < / = 250 < / = 50 < / = 10

3.2 Abgrenzung "nicht-finanzielle Berichterstattung" und "Nachhaltigkeitsberichterstattung"

Im Gegensatz zu den allgemeinen Begriffsbestimmungen und Kategorien wurden die inhaltlichen Anforderungen an die Berichterstattung durch 2 Nachfolge-Richtlinien verändert und erweitert:

3.2.1 Nicht-finanzielle Erklärung

Am 22.10.2014 erweiterte die EU die Berichtspflichten von Unternehmen um eine sog. "nicht-finanzielle Erklärung".[1] Damit verpflichtete die EU große Unternehmen mit Kapitalmarktbezug und mehr als 500 Mitarbeitern im Jahresdurchschnitt, in den Lagebericht eine (zusätzliche) Erklärung über nicht-finanzielle Aspekte aufzunehmen, die mindestens Angaben zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen, zur Achtung der Menschenwürde und zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung enthält.[2] Die Bundesregierung setzte diese Vorgaben am 11.4.2017 in deutsches Recht um.[3] Die europarechtlichen Vorgaben finden sich heute in den §§ 289b ff. HGB (Unternehmen) und §§ 315b ff. HGB (Konzerne). Sie gelten in erster Linie für große Kapitalgesellschaften mit Kapitalmarktorientierung und mehr als 500 Mitarbeitern im Jahresdurchschnitt.[4] Die Regelungen sind jedoch auch entsprechend auf Personen(handels)gesellschaften (OHG und KG) anzuwenden, wenn sie eine vergleichbare Haftungsstruktur wie Kapitalgesellschaften aufweisen, d. h. in der gesamten Gesellschaftsstruktur kein unbeschränkt und persönlich haftender Gesellschafter vorhanden ist, der eine natürliche Person ist.[5]

[1] Richtlinie 2014/95/EU, online abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014L0095.
[2] Vgl. Erwägung Nr. 6 der RL 2014/95/EU (S. 2), online: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014L0095.
[4] § 289b Abs. 1 HGB; zur Vertiefung Schorse, Beck‘scher Online-Kommentar, 39. Edition (Stand: 15.7.2022), § 289b HGB, Rz. 1 ff.
[5] § 264a Abs. 1 HGB; zur Vertiefung Schorse, Beck‘scher Online-Kommentar, 39. Edition (Stand: 15.7.2022), § 289b HGB, Rz. 4.

3.2.2 Nachhaltigkeitsbericht

Am 14.12.2022 hat die EU die nicht-finanzielle Erklärung von Unternehmen durch den sog. "Nachhaltigkeitsbericht" ersetzt und umgestaltet.[1] Die Umgestaltung beschränkt sich nicht auf eine Umbenennung der ehemaligen nicht-finanziellen Erklärung.[2] Sie weitet den Anwendungsbereich der Berichtspflichten aus[3] und gibt eigene Leitlinien vor, um die Berichterstattung zu vereinheitlichen.[4] Darüber hinaus führt die Richtlinie ein einheitliches elektronisches Berichtsformat[5] ein und regelt die Berichtspflichten für Drittlandunternehmen.[6] Hiernach wird die Pflicht zur Erstattung des Nachhaltigkeits...

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