Mobbing ist weder ein klar konturierter juristischer Begriff[1] noch eine eigenständige Anspruchsgrundlage, sondern die Beschreibung eines sozialen Phänomens der Anfeindung, Schikane und Diskriminierung, auf das mit den allgemeinen arbeitsrechtlichen Instrumenten und gesetzlichen Regelungen reagiert werden kann und muss.[2] Mittlerweile ist der Begriff "Mobbing" umfassend in die Alltagssprache integriert und wird hier häufig vollkommen konturlos verwendet; aber auch in der Arbeitswelt wird der Vorwurf des Mobbings bei jeglicher betrieblicher Auseinandersetzung (zu) schnell erhoben. Es ist vor diesem Hintergrund die Aufgabe der Gerichte, einen zu inflationären Gebrauch zu verhindern und neben den Besonderheiten des Einzelfalls die systematische Einbindung zu beachten.

Ansatzweise lässt sich dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eine Legaldefinition in § 3 Abs. 3 AGG entnehmen – die Regelung erfasst den Begriff "Mobbing" jedoch nur partiell. Danach ist Mobbing eine "Belästigung" i. S. d. § 3 Abs. 3 AGG, sofern das Verhalten an eines der 8 in § 1 AGG gesetzlich geschützten Merkmale anknüpft. Ist keines der Merkmale tatbestandlich erfüllt, wird es vom AGG nicht erfasst, was jedoch nicht heißt, dass es deshalb erlaubt wäre.

Unabhängig von den Diskriminierungstatbeständen des AGG gilt das Schikaneverbot als Konkretisierung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers, das sich an Arbeitgeber, Vorgesetzte und Kollegen richtet. Vor allem der Arbeitgeber ist aufgrund der ihn treffenden arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht[3] verpflichtet, Gesundheit und Persönlichkeitsrecht seiner Arbeitnehmer zu schützen.[4] Zu berücksichtigen ist allerdings auch die Rechtsstellung des vermeintlich "Mobbenden", insbesondere sein Recht auf freie Meinungsäußerung.

Cybermobbing

Eine neuere Ausprägung des Phänomens Mobbing ist das "Cybermobbing", bei dem der Tatbestand über die Sozialen Medien im Internet erfüllt wird.[5] Die Abgrenzung zur Persönlichkeitsverletzung im rein privaten Lebensbereich ist in diesen Fällen nicht immer eindeutig zu ziehen. Angeknüpft werden muss dabei einzelfallbezogen an die handelnden Personen (Arbeitskollege oder nicht) und die relevanten Inhalte (Bezug zum Arbeitsverhältnis oder dem betrieblichen Umfeld), da anderenfalls die Anwendbarkeit des AGG ausscheidet. Zudem erfordert § 3 Abs. 3 AGG das Vorliegen eines der Diskriminierungsmerkmale des § 1 AGG.

Kennzeichnend ist in allen Fällen ein systematisches, aus einer Vielzahl von Einzelhandlungen bestehendes Handeln des oder der Täter, deren Bedeutung erst in der umfassenden und übergreifenden Gesamtbetrachtung ausreichend rechtlich erfasst werden kann.[6]

Ist der Sachverhalt geklärt, sollte vorrangig vor juristischen Reaktionen ein innerbetrieblicher Ausgleich versucht werden.

Die Reaktionsmöglichkeiten der am betrieblichen Geschehen Beteiligten entsprechen weitgehend dem allgemeinen Arbeitsrecht. Soweit der Arbeitgeber selbst handelt, stellt sich das Problem, inwieweit formal zulässige arbeitsrechtliche Gestaltungsmittel[7] dennoch unzulässig sein können, weil sie Rechtspositionen des Arbeitnehmers verletzen.

[1] Vgl. zum Begriff des "Bossing" den Vortrag des Klägers in LAG Hamm, Urteil v. 12.2.2021, 1 Sa 1220/20.
[5] Vgl. dazu ArbG Gelsenkirchen, Urteil v. 24.11.2015, 5 Ca 1444/15; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 5.3.2020, 5 TaBV 9/19; ArbG Frankfurt a. M., Urteil v. 19.11.2019, 24 Ca 5275/19; allgemein zur arbeitsvertraglichen Relevanz von Äußerungen in den Sozialen Medien auch ArbG Erfurt, Urteil v. 25.8.2017, 8 Ca 739/17.
[6] Vgl. BAG, Urteil v. 16.5.2007, 8 AZR 709/06, insb. Leitsatz 3.

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