Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsabgeltung aus einem beendeten Arbeitsverhältnis aufgrund Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit für einen zurückliegenden Zeitraum

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 5 Abs. 3 der Arbeitsunfähigkeits Richtlinien ist eine Rückdatierung des Beginns der Arbeitsunfähigkeit auf einen vor dem Behandlungsbeginn liegenden Tag ebenso wie eine rückwirkende Bescheinigung über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit nur ausnahmsweise und nur nach gewissenhafter Prüfung und in der Regel nur bis zu zwei Tagen zulässig. Im Fall einer weitergehenden nachträglichen Krankschreibung ist daher in der Regel von der Erschütterung des Beweiswertes eines solchen Attestes auszugehen.

2. Die Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit für einen zurückliegenden Zeitraum durch den behandelnden Arzt widerspricht allerdings nicht den Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien, wenn sich der Arbeitnehmer durchgehend bei dem das spätere Attest ausstellenden Arzt in Behandlung befand und dieser regelmäßig zur Vorlage bei der Krankenkasse Krankengeldauszahlscheine ausgestellt hat.

 

Normenkette

BUrlG § 7 Abs. 3-4, § 9; EFZG § 5 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 27.03.2014; Aktenzeichen 7 Ca 3802/13)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 27.03.2014 Az.: 7 Ca 3802/13 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

  • II.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Urlaubsabgeltung aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.

Die Klägerin war bei dem Beklagten seit dem 19. Oktober 1998 als Zahnarzthelferin zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 1.040,00 EUR beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Eigenkündigung der Klägerin vom 31. Juli 2013 am 31. August 2013. In § 7 - Urlaub - des Arbeitsvertrags vom 07. Oktober 1998 (Bl. 4 ff. d. A.) heißt es:

"Der Arbeitnehmer erhält kalenderjährlich einen Erholungsurlaub von 30 Werktagen (30 Arbeitstage).

Der Urlaubszeitraum wird in Abstimmung mit dem Arbeitgeber festgelegt.

Bei verschuldeter fristloser Kündigung reduziert sich der Urlaubsanspruch auf den anteiligen gesetzlichen Mindesturlaub."

Die Klägerin hat einen Urlaubsantrag vom 16. Juli 2012 (Bl. 12 d. A.) zur Akte gereicht, in dem unter Berücksichtigung eines Jahresurlaubs von insgesamt 30 Tagen und des beantragten Urlaubs noch 10 verbleibende Urlaubstage für das Kalenderjahr 2012 aufgeführt sind.

Die Klägerin hat weiter folgende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt:

- Erstbescheinigung von Herrn Dr. med. M. (Bl. 15 d. A.):

arbeitsunfähig seit 07.12.2012 bis 20.12.2012, festgestellt am 07.12.2012

- Folgebescheinigung von Herrn Dr. med. M. (Bl. 15 d. A.):

arbeitsunfähig seit 07.12.2012 bis 03.01.2013, festgestellt am 20.12.2012

- Erstbescheinigung der Gemeinschaftspraxis Dres. B./F. (Bl. 14 d. A.):

arbeitsunfähig seit 02.01.2013 bis 23.01.2013, festgestellt am 02.01.2013

- Folgebescheinigung der Gemeinschaftspraxis Dres. B./F. (Bl. 48 d. A.):

arbeitsunfähig seit 02.01.2013 bis 13.02.2013, festgestellt am 23.01.2013

- Folgebescheinigung der Gemeinschaftspraxis Dres. B./F. (Bl. 49 d. A.):

arbeitsunfähig seit 02.01.2013 bis 31.07.2013, festgestellt am 10.07.2013

- Folgebescheinigung der Gemeinschaftspraxis Dres. B./F. (Bl. 50 d. A.):

arbeitsunfähig seit 02.01.2013 bis 30.08.2013, festgestellt am 31.07.2013

- Folgebescheinigung der Gemeinschaftspraxis Dres. B./F. (Bl. 13 d. A.):

arbeitsunfähig seit 02.01.2013 bis 12.09.2013, festgestellt am 30.08.2013

In einer Bescheinigung vom 21. Mai 2013 (Bl. 51 d. A.) der Gemeinschaftspraxis Dres. B./F. heißt es:

"Og. Pat. ist seit dem 02.01.2013 bis auf weiteres arbeitsunfähig erkrankt.

Der Auszahlschein ersetzt die Ausfertigung zur Vorlage beim Arbeitgeber!"

Der Beklagte hatte die Klägerin mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 (Bl. 31 d. A.) wegen verspäteter Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 07. Dezember 2012 sowie mit Schreiben vom 17. Mai 2013 (Bl. 32 d. A.) und 21. Juni 2013 (Bl. 33 d. A.) wegen unterbliebener Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab dem 14. Februar 2013 abgemahnt.

Die Klägerin hat Auszahlungsscheine für das Krankengeld durch den behandelnden Arzt Dr. F. vom 01.02.2013, 13.02.2013, 13.03.2013, 10.04.2013, 25.04.2013, 13.05.2013, 22.05.2013, 07.06.2013, 21.06.2013 und 10.07.2013 (Bl. 38 ff. der Akte) zur Akte gereicht.

Die Klägerin hat ein Schreiben ihrer Krankenkasse vom 31. Januar 2014 (Bl. 52 d. A.) zur Akte gereicht, in dem erklärt wird, dass die Klägerin vom 18. Januar 2013 bis zum 04. Dezember 2013 Krankengeld erhalten habe.

Weiter hat die Klägerin eine fachärztliche Bescheinigung vom 03. Februar 2014 (Bl. 53 d. A.) zur Akte gereicht, in der es heißt:

"Die oben genannte Patientin befindet sich seit dem 02.01.2013 regelmäßig in unserer fachärztlichen Behandlung und ist ab diesem Datum durchgehend arbeitsunfähig erkrankt."

Die Klägerin hat den Beklagten mit Schreiben vom 18. September 2013 (Bl. 16 d. A.) zur Zahlung von Urlaubsabgeltung für 40 Tage iHv. 1.980,80 EUR bis zum 02. Oktober 2013 aufg...

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