Entscheidungsstichwort (Thema)

Prüfungsfolge des wichtigen Grundes für eine fristlose Kündigung. Privates Telefonieren vom Fremdtelefon und Zeitunglesen während der Arbeitszeit als wichtiger Kündigungsgrund

 

Leitsatz (amtlich)

Unterbricht eine Reinigungskraft in erheblichem Umfang ihre Arbeit, um in den zu reinigenden Büros mit den dort installierten dienstlichen Telefonen privat zu telefonieren und ausgiebig Zeitschriften zu lesen, kann dies jedenfalls nach einschlägiger Abmahnung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.

 

Normenkette

BGB § 626; BayPersVG Art. 77

 

Verfahrensgang

ArbG Bamberg (Entscheidung vom 31.07.2018; Aktenzeichen 3 Ca 76/18)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 31.07.2018, Az.: 3 Ca 76/18, abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der fristlosen Arbeitgeberkündigung vom 15.01.2018, und die vorläufige tatsächliche Weiterbeschäftigung der Klägerin.

Die am 23.05.1964 geborene Klägerin ist bei der Beklagten, die mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt, seit dem 01.12.1994 als Reinigungskraft beschäftigt und erzielt zuletzt ein Bruttomonatsgehalt von 1.191,50 €. Die Parteien schlossen hierzu unter dem 15.11.1994 einen Arbeitsvertrag (vgl. Bl. 44 f. d.A.), ausweislich dessen § 3 sich das Arbeitsverhältnis nach dem Manteltarifvertrag für Arbeiter der A...s (MTO II) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen bestimmt. § 43 Absatz 3 des Manteltarifvertrages vom 03.05.2011 für die Beschäftigten der Mitglieder der TGA... (BAT/A...-Neu) (vgl. Bl. 107 ff. d.A.) lautet:

"Nach einer Beschäftigungszeit (§ 15) von 15 Jahren, frühestens jedoch nach Vollendung des vierzigsten Lebensjahres, sind Beschäftigte unkündbar."

In § 43 Abs. 4 BAT/A...-Neu ist geregelt:

"Der Arbeitgeber und Beschäftigte sind berechtigt, das Arbeitsverhältnis aus einem wichtigen Grund fristlos zu kündigen, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann."

§ 44 Abs. 1 BAT/A...-Neu lautet:

"Den unkündbaren Beschäftigten (§ 43 Abs. 3) kann aus in ihrer Person oder in ihrem Verhalten liegenden wichtigen Gründen fristlos gekündigt werden."

Die Arbeitszeit der Klägerin beginnt von Montag bis Donnerstag um 16.00 Uhr, am Freitag um 12.45 Uhr, und endet um 20.00 Uhr, am Freitag um 16.00 Uhr.

Mit Schreiben vom 08.02.2010 (Bl. 87 f. d. A.) erteilte die Beklagte der Klägerin eine Abmahnung wegen wiederholter nicht pünktlicher Aufnahme der Arbeit zu den vorgegebenen Arbeitszeiten.

Mit Schreiben vom 22.03.2016 (Bl. 89 f. d.A.) erhielt die Klägerin eine erneute Abmahnung. Sie wird hierin gerügt, dass sie sich am 21.03.2016 um 16.13 Uhr im Zeiterfassungssystem angemeldet habe, jedoch erst um 16.37 Uhr an ihrem Arbeitsplatz angetroffen worden sei, ohne hierbei Vorbereitungen für die bevorstehende Reinigung getroffen und die Arbeitskleidung angelegt zu haben.

Am Donnerstag, den 23.11.2017 führte die Klägerin vom Anschluss der Mitarbeiterin Z... um 17.12 Uhr ein privates Telefonat mit einer Dauer von 31:38 Minuten sowie zwei kürzere Telefonate mit einer Dauer von 1:41 Minuten. Am 18.12.2017 gegen 19.00 Uhr wurde die Klägerin von einer Mitarbeiterin der externen Reinigungsfirma beim Lesen am Schreibtisch von Herrn Sch... gesehen. Am Freitag, den 29.12.2017 führte die Klägerin um 15:21 Uhr ein privates Telefonat vom Telefonanschluss der Mitarbeiterin Z... mit einer Dauer von 31:41 Minuten. Am 08.01.2018 wurde die Klägerin beobachtet, wie sie am Schreibtisch von Frau Z... Zeitung gelesen hat. Eine nach Zustimmung des Personalrates durchgeführte Auswertung des Zeitjournals der Klägerin ergab, dass die Klägerin zu den vorstehend genannten Daten und Uhrzeiten nicht ausgestempelt hatte.

Am 10.01.2018 wurde um 16:00 Uhr ein Personalgespräch mit der Klägerin geführt (vgl. Bl. 61f. d.A.), an welchem Herr Sch... als Vertreter des örtlichen Personalrats und Herr S... als Leiter des Verwaltungszentralbereichs teilnahmen. Die Klägerin räumte in diesem Personalgespräch ein, die Telefonate am 23.11.2017 und 29.12.2017 mit der angegebenen Dauer geführt zu haben. Sie räumte ebenso ein, am 08.01.2018 gegen 18.50 Uhr am Arbeitsplatz von Frau Z... Zeitung gelesen zu haben.

Mit per E-Mail übersandter Anhörung vom 12.01.2018 (Bl. 73 - 83 d.A.) hörte die Beklagte den Personalrat zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung der Klägerin nach § 43 Abs. 4 BAT/A...-Neu an. Der Anhörung des Personalrats waren das Protokoll über das Personalgespräch vom 10.01.2018 sowie weitere Anlagen beigefügt.

Der Personalrat teilte der Beklagten mit Schreiben vom 15...

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