Arbeitszeitbetrug wegen Nichtausstempeln für Zigarettenpausen

Wenn Beschäftigte einen Arbeitszeitbetrug begehen, indem sie vortäuschen, eine Arbeitsleistung erbracht zu haben, obwohl dies tatsächlich nicht oder nicht in vollem Umfang der Fall ist, und Raucherpausen nicht korrekt dokumentieren, stellt dies eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung dar. In einem solchen Fall kann eine Abmahnung entbehrlich und eine Kündigung gerechtfertigt sein.

Die Klägerin war seit dem Jahr 1990 als Mitarbeiterin in einem Arbeitsamt tätig. Eine Überprüfung der Arbeitszeiterfassung hatte ergeben, dass sie an drei Tagen keine einzige Pause genommen hatte, sondern nur Beginn und Ende ihrer Arbeitszeit gebucht hatte. Die Beschäftigte wurde von der Beklagten aufgefordert, hierzu Stellung zu nehmen, da der Eindruck der Arbeitszeitmanipulation entstanden sei. Die Klägerin brachte vor, dass die genannten Zeiten richtig sein könnten, da sie als Raucherin entsprechende Zigarettenpausen benötige. Die Beklagte sprach daraufhin die fristlose Kündigung, hilfsweise die fristgerechte Kündigung aus. Hiergegen erhob die Klägerin Klage.

Ordentliche Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug war gerechtfertigt

Die Klage hatte hinsichtlich der fristlosen Kündigung Erfolg, gegenüber der ordentlichen Kündigung wurde sie jedoch abgewiesen.

Nach Auffassung des LAG Thüringen war die ordentliche Kündigung gerechtfertigt. Ein Arbeitszeitbetrug, bei dem ein Mitarbeiter vortäuscht, für einen näher genannten Zeitraum seine Arbeitsleistung erbracht zu haben, obwohl dies tatsächlich nicht oder nicht in vollem Umfang der Fall war, stelle eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung dar und erfülle an sich den Tatbestand des wichtigen Grundes i. S. v. § 626 Abs 1 BGB für eine fristlose Kündigung. Dies gelte auch für den Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren. Pflichtverletzungen, die einen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen, seien erst recht geeignet, eine ordentliche Kündigung als verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen.

Abmahnung ist bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen nicht erforderlich

Die ordentliche, verhaltensbedingte Kündigung war auch nicht unwirksam, weil die Beklagte die Klägerin nicht abgemahnt hatte.

Das LAG stellt klar, dass eine Abmahnung dann nicht erforderlich ist, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach der Abmahnung nicht zu erwarten ist oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist. Bei besonders schwerwiegenden Verstößen ist eine Abmahnung grundsätzlich entbehrlich, weil in diesen Fällen regelmäßig davon auszugehen ist, dass das pflichtwidrige Verhalten das für ein Arbeitsverhältnis notwendige Vertrauen auf Dauer zerstört. Bei bewusst falschen Angaben hinsichtlich der Arbeitszeit oder bei mehrfachen nicht unerheblichen Falschaufzeichnungen bedarf es in der Regel nicht noch einer vergeblichen Abmahnung.

(LAG Thüringen, Urteil vom 3.5.2022, 1 Sa 18/21)