Bundesverfassungsgericht

Besoldung von Beamten in Berlin war verfassungswidrig


Besoldung der Beamten in Berlin war verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat die Besoldungsordnungen A des Landes Berlin im Zeitraum 2008 bis 2020 mit wenigen Ausnahmen für verfassungswidrig erklärt. Zugleich erläutert das Gericht, wie die Prüfung der Besoldung vorzunehmen ist.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte über sieben Klagen von Beamtinnen und Beamten im Dienst des Landes Berlin zu entscheiden, welche die Feststellung erreichen wollten, dass ihre Besoldung nicht amtsangemessen war. Sowohl ihre Widersprüche als auch ihre Klagen vor dem Verwaltungsgericht Berlin blieben erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat zwei Berufungsverfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob die Besoldung im Land Berlin in den Besoldungsgruppen A 7, A 8 und A 9 in bestimmten, näher bezeichneten Jahren mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar war. In den übrigen Verfahren hat das Bundesverwaltungsgericht auf die Revisionen der Kläger dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob die Besoldung in den Besoldungsgruppen A 9, A 10 und A 11 in den jeweils betroffenen Jahren mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar war.

Prüfung der Besoldung durch das BVerfG

In seinem Beschluss entwickelt das Bundesverfassungsgericht seine bisherige Rechtsprechung fort. Die gerichtliche Kontrolle, ob die Besoldung evident unzureichend und Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz (GG) deshalb verletzt ist, erfolgt in drei Schritten:

  1. Prüfung des Gebots der Mindestbesoldung (Vorabprüfung)
  2. Prüfung des Gebots, die Besoldung der Beamten fortlaufend an die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards anzupassen (Fortschreibungsprüfung)
  3. Prüfung, ob dieser Verstoß ausnahmsweise verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist

Besoldung der Beamten in Berlin war von 2008 bis 2020 verfassungswidrig

Im Ergebnis stellt das BVerfG fest, dass rund 95 % der geprüften Besoldungsgruppen des Landes Berlin in den Jahren 2008 bis 2020 mit dem Alimentationsprinzip aus Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar und damit verfassungswidrig sind.

Alimentationsprinzip und Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers

Das Alimentationsprinzip aus Art. 33 Abs. 5 GG verpflichtet den Dienstherrn, Beamten und ihren Familien lebenslang einen amtsangemessenen Unterhalt zu gewähren. Es hat vor allem die Funktion, die Unabhängigkeit der Beamtinnen und Beamten im Interesse einer fachlich leistungsfähigen, rechtsstaatlichen und unparteiischen Verwaltung zu gewährleisten. Das Berufsbeamtentum sichert auf diese Weise das Prinzip der freiheitlichen Demokratie gegen Übergriffe zusätzlich ab.

Bei der konkreten Umsetzung der Regelung eines amtsangemessenen Unterhalts hat der Gesetzgeber einen weiten Entscheidungsspielraum. Der Gesetzgeber überschreitet die Grenzen dieses Spielraums, wenn die Besoldung im Hinblick auf Zweck und Gehalt des Alimentationsprinzips evident unzureichend ist. Dies unterliegt der Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht.

Gebot der Mindestbesoldung verletzt

Nach Ansicht des BVerfG setzt die Freiheit des im aktiven Dienst befindlichen Beamten von existenziellen finanziellen Sorgen voraus, dass seine Besoldung mindestens so bemessen ist, dass sie einen hinreichenden Abstand zu einem ihn und seine Familie treffenden realen Armutsrisiko sicherstellt. Ein solcher Abstand ist nach Erkenntnissen der Armutsforschung nur gewahrt, wenn das Einkommen die sogenannte Prekaritätsschwelle von 80 % des Median-Äquivalenzeinkommens erreicht (Gebot der Mindestbesoldung). Die Prüfung des BVerfG hat ergeben, dass die verfassungsrechtlich gebotene Mindestbesoldung in den Jahren 2008 und 2009 in den Besoldungsgruppen A 2 bis A 9, in den Jahren 2010 bis 2015 in den Besoldungsgruppen A 4 bis A 10 und in den Jahren 2016 bis 2020 in den Besoldungsgruppen A 4 bis A 11 unterschritten wird. Hieraus folgt, dass im gesamten der Prüfung unterliegenden Besoldungsspektrum 57,8 % der Jahresnettobeträge der Besoldungsordnungen A die Mindestbesoldung verfehlen.

Pflicht zur Fortschreibung der Besoldung verletzt

Unabhängig von der Unterschreitung der Prekaritätsschwelle in den genannten Besoldungsgruppen und Jahren hat der Gesetzgeber außerdem seine Pflicht zur kontinuierlichen Fortschreibung der Besoldung in zahlreichen Besoldungsgruppen und Jahren evident verletzt.

Schließlich stellt das BVerfG fest, dass die Unteralimentation auch nicht ausnahmsweise verfassungsrechtlich gerechtfertigt war.

Der Gesetzgeber des Landes Berlin muss nun verfassungskonforme Regelungen bis zum 31. März 2027 treffen.

(Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 17.9.2025, 2 BvL 5/18 u.a.)

Pressemitteilung des BVerfG vom 19.11.2025

0 Kommentare
Das Eingabefeld enthält noch keinen Text oder nicht erlaubte Sonderzeichen. Bitte überprüfen Sie Ihre Eingabe, um den Kommentar veröffentlichen zu können.
Noch keine Kommentare - teilen Sie Ihre Sicht und starten Sie die Diskussion