Fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug

Ein Arbeitgeber kündigte einer Mitarbeiterin fristlos, weil sie im gegenüberliegenden Café zehn Minuten lang Kaffee trank, ohne sich dafür aus dem Zeiterfassungssystem auszuloggen. Zu Recht, entschied das LAG Hamm.

Beim Thema Arbeitszeiterfassung ist eines klar: Arbeitgeber müssen darauf vertrauen können, dass Mitarbeitende ihre Arbeitszeit korrekt dokumentieren - gerade, wenn sie den Beschäftigten den Nachweis über die tatsächlich geleistete Arbeitszeit übertragen. Auch ein einmaliger Arbeitszeitbetrug von nur zehn Minuten kann im Einzelfall eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Vorliegend war eine Mitarbeiterin "nur kurz Kaffee trinken", ohne sich dafür aus dem Zeiterfassungssystem auszuloggen. Dieser schwerwiegende Vertrauensverlust rechtfertigte auch ohne vorherige Abmahnung eine fristlose Kündigung, stellte das LAG Hamm fest. Von Bedeutung für das Gericht war im vorliegenden Fall das hartnäckige Leugnen der Mitarbeiterin gegenüber dem Arbeitgeber.

Der Fall: Fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug

Die schwerbehinderte Arbeitnehmerin war über 8 Jahren als Raumpflegerin beschäftigt. Im Oktober 2021 kündigte der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin fristlos, nachdem er sie dabei beobachtete hatte, wie sie sich für mindestens zehn Minuten mit einer weiteren Person zum Kaffeetrinken im gegenüberliegenden Café traf. Zuvor hatte er von Mitarbeitenden erfahren, dass sie regelmäßig das Café besuche, ohne dies als Pausenzeit zu buchen.

In dem Betrieb gibt es ein elektronisches Arbeitszeiterfassungssystem. Die Arbeitnehmenden sind angewiesen, sich zu Beginn ihrer Arbeitszeit ein- und bei Beendigung wieder auszustempeln. Auch Pausenzeiten müssen sie festhalten, indem sie sich zu Beginn der Pause aus- und bei Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit wieder einstempeln. Dabei können unzutreffend erfasste oder vergessene Arbeitszeiten korrigiert werden. 

Pflichtverletzung bei der Arbeitszeiterfassung

Tatsächlich hatte die Arbeitnehmerin ihren Café-Besuch im elektronischen Zeiterfassungssystem nicht dokumentiert. Kollegen sagte sie vor der Arbeitszeitunterbrechung, dass sie in den Keller gehen würde.  Vom Arbeitgeber damit konfrontiert, leugnete sie den Café-Besuch. Sie beteuerte, im Keller gewesen zu sein und den Betrieb nicht verlassen zu haben. Erst nachdem der Arbeitgeber ankündigte, ihr Beweisfotos auf seinem Mobiltelefon zu zeigen, gab sie zu, sich zur Kaffeepause weder aus- noch wieder eingeloggt zu haben.

LAG Hamm: Fristlose Kündigung war rechtmäßig

Das LAG Hamm hat entschieden, dass die außerordentliche Kündigung der Arbeitnehmerin wirksam war. In der Begründung wies das Gericht darauf hin, dass der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, an sich ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung im Sinne von § 626 BGB sein kann. Dies gelte für den vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr ebenso wie für das wissentliche und vorsätzlich falsche Ausstellen entsprechender Formulare.

Lügen ins Gesicht des Arbeitgebers ist schwerer Vertrauensbruch

Weniger relevant sei die strafrechtliche Würdigung des Verhaltens als vielmehr der mit der Pflichtverletzung verbundene schwere Vertrauensbruch. Ein solcher lag aus Sicht des LAG Hamm irreparabel vor, insbesondere weil die Arbeitnehmerin den Café-Besuch im Personalgespräch mit dem Arbeitgeber so beharrlich geleugnet hatte. Das Gericht war aufgrund der Beweislage überzeugt, dass die Raumpflegerin das Ausloggen nicht einfach vergessen, sondern vorsätzlich gehandelt hatte. Eine Abmahnung hielt es aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung für entbehrlich.


Hinweis: LAG Hamm, Urteil vom 27. Januar 2023, Az: 13 Sa 1007/22; Vorinstanz: Arbeitsgericht Gelsenkirchen vom 29. März 2022, Az: 1 Ca 1708/21


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Schlagworte zum Thema:  Urteil, Arbeitszeit, Fristlose Kündigung