Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwirkung der Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Eigenkündigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Auslegung einer ordentlichen Eigenkündigung einer Reinigungskraft im Hinblick auf den Zeitpunkt des gewollten Ablaufs der Kündigungsfrist.

2. Einzelfall zu § 625 BGB.

3. Macht eine Arbeitnehmerin erstmals mehr als 8 ½ Monate nach Ablauf der Kündigungsfrist einer Eigenkündigung den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses geltend, nachdem sie dessen Beendigung zuvor mehrfach gerichtlich und außergerichtlich bestätigt hatte, so liegt ein Fall prozessualer Verwirkung ihres Rechtsschutzbegehrens vor.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 622, 625; KSchG §§ 4, 7; MTV Gebäudereiniger § 20

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 12.06.2017; Aktenzeichen 15 Ca 8925/16)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.06.2017 in Sachen 15 Ca 8925/16 teilweise wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen, soweit das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung festgestellt hat, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf des 30.06.2016 sein Ende gefunden hat, sondern ungekündigt fortbesteht (Urteilstenor Ziff. 1).

Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben die Klägerin 94 % und der Beklagte 6 % zu tragen.

Die Kosten der Berufungsinstanz trägt die Klägerin allein.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz nur noch darum, ob das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis aufgrund einer Eigenkündigung der Klägerin Ende Juni 2016 sein Ende gefunden hat, oder ob es über diesen Zeitpunkt hinaus ungekündigt fortbestanden hat.

Die am 1958 geborene Klägerin trat zum 01.11.2015 als Reinigungskraft in die Dienste des Beklagten. Arbeitsvertraglich vereinbart war eine Vergütung in Höhe von 442,00 € monatlich bei abzuleistenden10 Wochenstunden.

Mit Schreiben vom 13.06.2016 (Bl. 143 d. A.) kündigte die Klägerin ihrerseits das Arbeitsverhältnis der Parteien wie folgt:

“Betreff: Kündigung

Hiermit kündige ich zum 25.06.1916. Da mir noch 10 Tage Urlaub zustehen und ich den nehme, ist für mich der Montag der letzte Arbeitstag.

Grund:

Ich bekomme keine 8,50 Mindestlohn, weil ich die Benzinkosten selber tragen muss und das Wegegeld zu den anderen Objekten auch.

Mit freundlichen Grüßen

S M „

Das Kündigungsschreiben wurde von der Klägerin per Einschreiben mit der Post versandt. Den genauen Tag des Zugangs des Kündigungsschreibens beim Beklagten konnten die Parteien im Rahmen der mündlichen Erörterung vor dem Berufungsgericht nicht mehr angeben.

Ob die Klägerin in der Zeit nach dem 13.06.2016, wie von ihr vorgesehen, ihren Urlaub verwirklichen konnte, oder ob sie auf Bitten des Beklagten Arbeitsleistungen erbracht hat, weil eine andere Mitarbeiterin wegen einer Kurmaßnahme ausgefallen war, ist zwischen den Parteien streitig geblieben. Ebenfalls streitig geblieben ist die Behauptung der Klägerin, sie habe am Montag, dem 27.06.2016, noch im Steuerberatungsbüro E in K für den Beklagten Reinigungsleistungen erbracht.

Jedenfalls kündigte das Steuerberatungsbüro E noch am 27.06.2016 den zum Beklagten bestehenden Reinigungsvertrag mit sofortiger Wirkung, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin, und bat den Beklagten zugleich, “die sich noch in Ihrem Besitz befindlichen Schlüssel und Transponderkarten umgehend bei uns abzugeben.„ (Bl. 122 d. A.)

Am Dienstag, dem 28.06.2016, begaben sich die Klägerin und ihre Kollegin auf Aufforderung durch den Beklagten zur Firma E , um dort die ihnen überlassenen Schlüssel - für deren Erhalt die Klägerin auch persönlich unterschrieben hatte - abzugeben und die bei der Firma E noch deponierten Putzmittel abzuholen. Die Klägerin begab sich sodann zum Beklagten und räumte ihr Auto leer, in dem sich noch weitere Putzgegenstände der Firma befanden. Nach diesem Zeitpunkt arbeitete die Klägerin, wie sie persönlich in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ausgesagt hat, nicht mehr für den Beklagten.

In der Folgezeit kam es dann gelegentlich noch zu telefonischen Kontakten zwischen den Parteien, weil die Klägerin die Auffassung vertrat, dass ihr noch Restlohn, Fahrtkostenerstattung und Urlaubsabgeltung zustünden. Aus diesem Grund suchte die Klägerin auch am 07.10.2016 einen Rechtsanwalt, ihren späteren Prozessbevollmächtigten auf. Mit außergerichtlichem Schreiben an den Beklagten vom 11.10.2016 (Bl. 9 - 13 d. A.) machte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin für diese umfangreich begründete außergerichtliche Ansprüche von insgesamt 1.858,80 € brutto geltend. Einleitend heißt es in dem Schriftsatz:

“Unsere Mandantin hat uns darüber unterrichtet, dass das zwischen ihnen und unserer Mandantin bestehende Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30.06.2016 sein Ende gefunden hat.„

Nachdem die außergerichtliche Geltendmachung ihrer Zahlungsansprüche erfolglos geblieben war, erhob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter dem 13.12.2016, beim Arbeitsgericht Köln eingegangen am 16.12.2016, die vorliegen...

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