Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfüllung des titulierten Anspruchs auf Durchführung einer arbeitsmedizinischen Wunschvorsorgeuntersuchung. Berücksichtigung des Erfüllungseinwandes im Vollstreckungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Einwand, ein titulierter Anspruch sei zwischenzeitlich erfüllt, ist grundsätzlich auch im Verfahren der Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO zu berücksichtigen.

2. Ein Anspruch auf eine arbeitsmedizinische Wunschvorsorgeuntersuchung iSd. § 5a ArbMedVV, § 11 ArbSchG, ohne dass nähere Anforderungen an die Untersuchung tituliert sind, ist im zwangsvollstreckungsrechtlichen Sinne erfüllt, wenn die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber die Untersuchung in Auftrag gegeben hat, die Untersuchung tatsächlich stattgefunden und diese den Grundanforderungen der ArbMedVV an eine Wunschvorsorgeuntersuchung entsprochen hat.

3. Ob die Untersuchung auch sonst ordnungsgemäß war, kann nur in einem neuen Erkenntnisverfahren geprüft werden.

 

Normenkette

ArbMedVV § 5a; ArbSchG § 11; ZPO § 888

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 24.07.2018; Aktenzeichen 1 Ca 17694/14)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 24. Juli 2018 - 1 Ca 17694/14 - abgeändert:

1. Gegen die Schuldnerin wird zur Erzwingung ihrer Verpflichtung aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. Juli 2016 - 21 Sa 51/16 -, die Gläubigerin auf ihre Kosten durch eine Arbeitsmedizinerin oder einen Arbeitsmediziner iSv. § 7 ArbMedVV arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen, ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 Euro festgesetzt.

2. Für den Fall, dass das Zwangsgeld nicht beigetrieben werden kann, wird für je 1.000,00 Euro ein Tag Zwangshaft festgesetzt, zu vollziehen an dem Vorstandsvorsitzenden der Schuldnerin Dr. Johannes Evers.

3. Die Vollstreckung der Zwangsmittel entfällt, sobald die Schuldnerin ihrer Verpflichtung nachgekommen ist.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Schuldnerin zu tragen.

III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. In dem dem Zwangsvollstreckungsverfahren vorausgegangenen Erkenntnisverfahren verurteilte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg die Schuldnerin mit Urteil vom 21. Juli 2016 - 21 Sa 51/16 -, die Gläubigerin auf Kosten der Schuldnerin durch eine Arbeitsmedizinerin oder einen Arbeitsmediziner iSv. § 7 ArbMedVV arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Hintergrund waren Haut- und Atemwegsbeschwerden der Gläubigerin in bestimmten Räumen des Dienstleistungszentrums der Schuldnerin in der B.-str. ... in Berlin seit dem Jahr 2007. Die Gläubigerin vermutete, dass ihre Beschwerden mit der Klima- bzw. raumlufttechnischen Anlage in einem Teil der Räume des Dienstleitungszentrums im Zusammenhang stehen und machte gegen die Beklagte einen Anspruch auf arbeitsmedizinische Wunschvorsorge nach § 5a ArbMedVV, § 11 ArbSchG geltend. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des Urteils des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. Juli 2016 (Bl. 294 ff. d.A.) verwiesen. Die gegen das Urteil eingelegte Revision nahm die Schuldnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht am 18. Juli 2017 zurück.

Nach Aufforderung der Gläubigerin vom 11. August 2017 teilte die Schuldnerin der Gläubigerin mit E-Mail vom 24. August 2017 mit, sie möge sich wegen der ausgeurteilten arbeitsmedizinischen Wunschvorsorge an die zuständige Betriebsärztin wenden. Seit Anfang 2016 ist die B.A.D. G. und S. GmbH (im Folgenden: B.A.D. GmbH) mit der Wahrnehmung der betriebsärztlichen Aufgaben bei der Schuldnerin beauftragt.

Im Oktober 2017 fand ein Termin bei der für die B.A.G. GmbH tätigen Betriebsärztin Frau L. statt. Im Dezember 2017 schloss die Schuldnerin mit dem zuständigen Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zur Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen und begann sodann mit der Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen. Nach Mitteilung der Betriebsärztin, dass sie im Rahmen des Wunschvorsorgeverfahrens eine aktuelle Gefährdungsbeurteilung für den Arbeitsplatz der Gläubigerin benötige, wurde am 28. Februar 2018 im Raum Q2.06, in dem die Gläubigerin seit einer Weile ohne Beschwerden tätig war, eine Begehung durchgeführt. Der Raum Q2.06 befindet sich in der Randbebauung im Gebäudeteil Q und ist nicht mit einer Klima- oder raumlufttechnischen Anlage ausgestattet. Es wurden keine Auffälligkeiten festgestellt. Die Gläubigerin wies darauf hin, dass sie in anderen Räumen wie z.B. Besprechungsräumen gesundheitliche Probleme habe, und teilte Herrn P., Fachkraft für Arbeitssicherheit der B.A.D. GmbH, mit E-Mail vom 16. März 2018 mit, um welche Räume es sich dabei handelt. Wegen der Einzelheiten der E-Mail vom 16. März 2018 wird auf deren Ausdruck (Bl. 467 d.A.) verwiesen. Zum Zeitpunkt der Begehung stand bereits fest, dass die Gläubigerin spätestens im Herbst 2018 in einen anderen Raum umziehen musste, da die Räume in den Gebäudeteilen P und Q der Randbebauung des Dienstleistungszentrums zum 31. Oktober 2018 gekündigt...

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