9.1 Rechtsgrundlage

 

Rz. 59

  • Gesetz zur Freistellung von Arbeitnehmern zum Zwecke der beruflichen und politischen Weiterbildung – Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz (AWbG NW) vom 6.11.1984[1], zuletzt geändert durch Gesetz vom 6.12.2022[2]
[1] GV NRW 1984, S. 678.
[2] GVBl. 2022 S. 1064.

9.2 Anspruchsberechtigter Personenkreis (§ 2 AWbG NW)

 

Rz. 60

Einen Anspruch auf Bildungsurlaub haben

  • Arbeiter und Angestellte,
  • die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen gleichgestellten Personen,
  • andere Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind,

wenn die Beschäftigungsverhältnisse ihren Schwerpunkt in Nordrhein-Westfalen haben.

Für Arbeitnehmer in einem Betrieb oder einer Dienststelle mit weniger als 10 Beschäftigten besteht nach § 3 Abs. 7 Satz 2 AWbG NW kein Freistellungsanspruch.

Nach § 12a AWbG NW haben Auszubildende in den Ausbildungsberufen nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) bzw. der Handwerksordnung (HWO) einen Anspruch auf Bildungsurlaub während ihrer Berufsausbildung nur zum Zwecke der politischen Weiterbildung. Gleiches gilt für diejenigen, die in mit den Auszubildenden nach dem BBiG oder der HWO vergleichbaren Berufsausbildungen sind. Die Höhe des Anspruchs beträgt aber insgesamt nur 5 Arbeitstage während der Ausbildung.

9.3 Wartezeit (§ 3 Abs. 3 AWbG NW)

 

Rz. 61

Der Anspruch wird nach 6-monatigem Bestehen des Beschäftigungsverhältnisses erworben.

9.4 Anerkannte Themen und Mindestumfang der Weiterbildung (§§ 1, 5 AWbG NW)

 

Rz. 62

Die Arbeitnehmerweiterbildung dient nach § 1 AWbG NW der beruflichen und der politischen Weiterbildung sowie deren Verbindung. Dabei fördert die berufliche Arbeitnehmerweiterbildung die berufsbezogene Handlungskompetenz der Beschäftigten und verbessert deren berufliche Mobilität. Sie ist nicht auf die bisher ausgeübte Tätigkeit beschränkt. Bildungsinhalte, die sich nicht unmittelbar auf eine ausgeübte berufliche Tätigkeit beziehen, sind eingeschlossen, wenn sie in der beruflichen Tätigkeit zumindest zu einem mittelbar wirkenden Vorteil des Arbeitgebers verwendet werden können. Politische Arbeitnehmerweiterbildung soll das Verständnis der Beschäftigten für gesellschaftliche, soziale und politische Zusammenhänge verbessern und damit die in einem demokratischen Gemeinwesen anzustrebende Mitsprache und Mitverantwortung in Staat, Gesellschaft und Beruf fördern. Arbeitnehmerweiterbildung kann nach § 5 Abs. 5 AWbG NW nur für anerkannte Bildungsveranstaltungen in Anspruch genommen werden, die i. d. R. an mindestens 5, in Ausnahmefällen an mindestens 3 aufeinanderfolgenden Tagen stattfinden. Innerhalb zusammenhängender Wochen kann Arbeitnehmerweiterbildung auch für jeweils einen Tag in der Woche in Anspruch genommen werden, sofern bei der Bildungsveranstaltung inhaltliche und organisatorische Kontinuität gegeben ist. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 5 AWbG NW gelten Veranstaltungen, die mehr als 500 Kilometer entfernt von der Grenze des Landes Nordrhein-Westfalen stattfinden, nicht als Bildungsveranstaltungen i. S. d. Gesetzes. Dabei ist mit dem LAG Hamm[1] entscheidend auf den Sitz des Hotels, in dem die Teilnehmer wohnen, und den Ort, an dem die überwiegende Zahl der Veranstaltungen stattfinden, abzustellen. Diese Beschränkung gilt nicht für Seminare an Gedenkstätten des Nazi-Terrors.

Die Bildungsveranstaltungen können nach § 9 Abs. 1 Satz 2 AWbG NW auch digital angeboten werden, sofern die Angebote nachweislich den gesetzlich geregelten Zeitrahmen von mindestens 6 Unterrichtsstunden mit jeweils 45 Minuten umfassen.

[1] LAG Hamm, Urteil v. 8.2.2006, 18 Sa 425/05, EzB AWbG § 9 Nr. 14: da sich beides in Polen befand, wurde die Weiterbildungsmaßnahme nicht anerkannt.

9.5 Dauer (§ 3 AWbG NW)

 

Rz. 63

Bei einer 5-Tage-Woche haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Arbeitnehmerweiterbildung von 5 Arbeitstagen im Kalenderjahr, dabei kann der Anspruch von 2 Kalenderjahren zusammengefasst werden. Wird regelmäßig an mehr oder weniger als 5 Tagen in der Woche gearbeitet, so erhöht oder verringert sich der Anspruch entsprechend.

Für Auszubildende beträgt der Anspruch aber insgesamt nur 5 Arbeitstage während der gesamten Ausbildung.

9.6 Übertragbarkeit (§ 3 Abs. 4 AWbG NW)

 

Rz. 64

Lehnt der Arbeitgeber die dem Arbeitnehmer innerhalb eines Kalenderjahres zustehende Arbeitnehmerweiterbildung unter Berufung auf zwingende betriebliche oder dienstliche Belange oder entgegenstehende Urlaubsanträge anderer Arbeitnehmer ab, so ist der Anspruch bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses einmalig auf das folgende Kalenderjahr zu übertragen.

9.7 Anrechnung (§ 3 Abs. 6, § 4 AWbG NW)

 

Rz. 65

Die in einem früheren Beschäftigungsverhältnis vom Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr wahrgenommene Arbeitnehmerweiterbildung wird angerechnet. Freistellungen zur Teilnahme an Bildungsveranstaltungen, die auf anderen Rechtsvorschriften, tarifvertraglichen Vereinbarungen, betrieblichen Vereinbarungen oder Einzelverträgen beruhen, können nur auf den Anspruch nach dem AWbG NW angerechnet werden, wenn sie dem Arbeitnehmer uneingeschränkt das Erreichen der in § 1 AWbG NW niedergelegten Ziele ermöglichen und die Anrechenbarkeit vorgesehen ist. Stellt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts für die Teilnahme an einer betrieblich oder dienstlich veranla...

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