0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist mit Wirkung zum 1.1.1997 durch Art. 1 § 88 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254) geschaffen worden. Sie ist mit § 578 RVO im Wesentlichen inhaltsgleich.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Vorschrift über die Erhöhung des Jahresarbeitsverdienstes (JAV) für Hinterbliebene dient dazu, Härten bei Hinterbliebenenleistungen auszugleichen. Hat der aufgrund eines Versicherungsfalles verstorbene Versicherte wegen eines seinem tödlichen Unfall vorangegangenen Versicherungsfalles ein vermindertes Einkommen bezogen, so soll bei der Hinterbliebenenleistung nicht dieser verminderte JAV zugrunde gelegt werden. An sich wäre dieser reduzierte JAV für die Berechnung der Hinterbliebenenleistung, die infolge des tödlichen Versicherungsfalles zu erbringen ist, zugrunde zu legen. Anderenfalls käme es bei der Höhe der Geldleistungen – Witwen/Witwerrenten (§§ 65, 66), Waisenrenten (§§ 67, 68), Sterbegeld und Überführungskosten (§ 64) sowie Hinterbliebenenbeihilfen (§ 71) – zu erheblichen finanziellen Einbußen für die Hinterbliebenen. Um diese unerwünschte Konsequenz zu vermeiden, hat der Gesetzgeber die Ausgleichsregelung des § 88 geschaffen.

2 Rechtspraxis

 

Rz. 3

Für die Berechnung von Geldleistungen an Hinterbliebene in den Fällen, bei denen der letztere Versicherungsfall tödlich endete, wird der JAV zur Berechnung der Hinterbliebenenleistung um die Verletztenrente des Verstorbenen aus dem vorangegangenen Versicherungsfall erhöht.

Höchstgrenze ist gemäß HS 2 der – ggf. durch Rentenanpassungen gestiegene – JAV des ersten Versicherungsfalls.

 

Rz. 4

Die Vorschrift gilt auch für den pauschalierten JAV in und der See-Unfallversicherung gemäß § 92 sowie in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung gemäß § 93.

 

Rz. 5

 
Praxis-Beispiel

Ein Versicherter erhält aufgrund der Folgen eines Unfalls auf dem Weg zur Arbeit im Jahr X aufgrund einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 % bei einem JAV von 35.000,00 EUR eine Verletztenrente von 9.333,20 EUR – 35.000,00 EUR × ⅔ (Vollrente gemäß § 56 Abs. 3) × 40 % = 9.333,33 EUR.

Aufgrund der Schädigungen aus dem Unfall arbeitete der Versicherte nur noch halbtags und erzielt dementsprechend einen niedrigeren JAV i. H. v. 20.000,00 EUR.

Ein paar Jahre später verstirbt der Versicherte an den Folgen eines weiteren Arbeitsunfalls. In der Zwischenzeit hat sich die Rente des Verstorbenen aufgrund von Rentenanpassungen gemäß § 95 auf (gerundet) 11.240,00 EUR erhöht.

Folge:

Für die Berechnung der Hinterbliebenengeldleistungen ist zu dem JAV von 20.000,00 EUR der Betrag der aktuellen Jahresrente zum Todeszeitpunkt von 11.240,00 EUR zu addieren. Der "neue" JAV beträgt somit in der Summe 31.240,00 EUR.

Die gemäß HS 2 gesetzlich vorgeschriebene Höchstgrenze der Berechnungsgrundlage (im vorliegenden Beispiel 35.000,00 EUR) ist eingehalten.

3 Literatur

 

Rz. 6

Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 88 Rz. 5.

Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, K § 88 Rz. 3.

Lauterbach-Dahm, UV-SGB VII, § 88 Rz. 2 ff.

Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 88 Rz. 2.

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