Rz. 2

§ 262 Abs. 1 regelt für Rentenfälle ab 1992 – ergänzend zu § 70 Abs. 1 (vgl. auch § 228 i. V. m. § 256a) – die Mindestbewertung von Pflichtbeitragszeiten vor 1992 (Rente nach Mindesteinkommen) für langjährig Versicherte und schafft damit vor allem einen Ausgleich für unterbezahlte "Frauenarbeit", aber auch für regionale oder branchenbedingte Lohnunterschiede.

Mindestentgeltpunkte nach § 262 erhöhen darüber hinaus den Wert, mit dem beitragsfreie Zeiten bei der Rente berücksichtigt werden (§ 71).

Abs. 2 beinhaltet die Zuordnungsgrundsätze der ermittelten zusätzlichen Entgeltpunkte.

Abs. 3 stellt eine negative gesetzliche Fiktion für Pflichtbeitragszeiten bei Rentenbezug aus eigener Versicherung auf.

 

Rz. 3

Korrespondierende Regelung zu § 262 ist § 70. § 262, der auf Zeiten bis zum 31.12.1991 begrenzt ist, wird im Grundsatz durch § 70 Abs. 3a ab 1992 fortgeführt, hier allerdings zielgenau bezogen auf Versicherte mit Kindern.

 

Rz. 4

In Art. 82 RRG 1992 ist eine vergleichbare Regelung für Renten aus der Zeit von 1973 bis 1991 enthalten. Sie wurden in einem vereinfachten und automationsgerechten Verfahren ab 1992 ggf. um einen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten erhöht.

 

Rz. 5

Die für Pflichtbeitragszeiten vor 1992 geltende Regelung wird in ihren Grundzügen durch § 70 Abs. 3a fortgeführt und bezieht sich dort auf Kinderberücksichtigungs- und Kinderpflegezeiten ab 1.1.1992 und ist daher zielgenau auf Versicherte mit Kindern zugeschnitten.

 

Rz. 6

Normzweck ist die Kompensation der Minderung erzielter Arbeitsverdienste in der Erwerbsbiografie durch die Anhebung der Entgeltpunkte (vgl. instruktiv auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 27.3.2015, L 14 R 122/13). Mit § 262 durchbricht der Gesetzgeber daher das im Rentenrecht herrschende Äquivalenzprinzip; vgl. § 63 Abs. 1. Das prägende Prinzip der Teilhabeäquivalenz besagt, dass die Rangordnung der Rentenleistung grundsätzlich der Rangordnung der versicherten Einkommen folgt. Wer lange hohe Beiträge zahlt, erhält regelmäßig höhere Rente. Ausdruck findet diese eigene Beitragsleistung in den persönlichen Entgeltpunkten; § 66. Dieses Prinzip wird auch an anderer Stelle im Rentenrecht durch steuerfinanzierte Rentenanteile durchbrochen; insbesondere der zum 1.1.2021 in § 76g eingeführte Grundrentenzuschlag hebelt das Äquivalenzprinzip ein gutes Stück aus (vgl. zur Durchbrechung des Äquivalenzprinzips und die Elemente des sozialen Ausgleichs in der Rentenversicherung bereits die Kommentierung zu § 63 Rz. 7) .

 

Rz. 7

Vorgängervorschriften zu § 262 finden sich Art. 2 § 54b AnVNG, Art. 2 § 55a ArVNG bzw. Art. 2 § 10a KnVNG; allerdings sahen diese Vorschrift noch andere Voraussetzungen für die Anhebung von Renten auf einen Mindestwert vor (anders als im bisherigen Recht müssen bei § 262 künftig 35 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten vorhanden sein; vgl. BT-Drs. 11/4124 S. 201 f.).

 

Rz. 8

Die Deutsche Rentenversicherung hat im Anwendungsbereich des SGB VI umfangreiche Gemeinsame Rechtliche Anweisungen (GRA) geschaffen, die auch § 262 erfassen. Die GRA der DRV zu § 262 hat den Stand 23.3.2018 (i. d. F. des RÜG v. 25.7.1991 in Kraft getreten am 1.1.1992) und ist abrufbar im Internet: https://rvrecht.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/rvRecht/01_GRA_SGB/06_SGB_VI/pp_0251_275/gra_sgb006_p_0262.html (zuletzt abgerufen am 31.7.2022).

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