Was bedeutet die Individualisierung im BGM, und wie kann eine Vorgehensweise dazu aussehen?

Individualisierung der Betrieblichen Gesundheitsförderung bedeutet, dass Angebote und Maßnahmen der Gesundheitsförderung auf die individuellen Bedürfnisse und Voraussetzungen der Beschäftigten zugeschnitten werden. Ziel ist es, eine höhere Wirksamkeit und Akzeptanz der Maßnahmen zu erreichen, da diese gezielter auf die individuellen Gesundheitsbedürfnisse abgestimmt sind. Diese können die Verhaltens- und Verhältnisebene betreffen, aber auch die Integration von therapeutischen Maßnahmen. Letztere würden außerhalb des betrieblichen Zuständigkeitsbereichs erfolgen, der Zugangsweg wäre aber über das Unternehmen durch konkrete Ansprache oder in Form einer allgemeinen Information an die Beschäftigten umzusetzen. Die Individualisierung in einem BGM erfordert neben der sorgfältigen Bedarfsanalyse sowie zielgerichteten Planung und Umsetzung eine enge Zusammenarbeit zwischen den betrieblichen Akteuren, wie Betriebsärzten und Sozialberatung, Personalabteilung, Führungskräften, BEM-Fallbetreuern sowie internen Gesundheitsmanagern – sofern vorhanden. Abb. 2 zeigt die Optionen nach einer erfolgten Bedarfsanalyse und Zielsetzung:

Abb. 2: BGM-Prozess und Maßnahmen

Bei der Planung von Maßnahmen sollte stets sowohl die Verhaltens- als auch die Verhältnisebene geprüft werden. Bereits die Luxemburger Deklaration der EU zur Betrieblichen Gesundheitsförderung[1] sieht in dieser Kombination ein Erfolgskriterium: "BGF beinhaltet sowohl verhaltens- als auch verhältnisorientierte Maßnahmen. Sie verbindet den Ansatz der Risikoreduktion mit dem des Ausbaus von Schutzfaktoren und Gesundheitspotenzialen (Ganzheitlichkeit)". Individualisierte Maßnahmen lassen sich in beiden Bereichen finden, auf der Verhaltensebene etwas mehr als bei den Verhältnissen.

Die in Abb. 2 dargestellten Maßnahmen mit Fokus auf spezifische Personen betreffen i. d. R. eine Problemlage, weshalb hier auf die jeweiligen Mitarbeitenden eingegangen wird. Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) gemäß § 167 Abs. 2 SGB IX betrifft Beschäftigte, welche innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren. Da es außer der Pflicht des Arbeitgebers, die betreffenden Mitarbeitenden für ein Gespräch zur weiteren Vorgehensweise einzuladen, keine weiteren Angaben zum Ablauf dieses Verfahrens gibt, ergibt sich ein Suchprozess zum Finden geeigneter Unterstützungsmaßnahmen. Dies können Anpassungen der Arbeitsbedingungen, Maßnahmen auf der Verhaltensebene und der Einbezug von therapeutischen Leistungen über externe Anbieter sein.

Liegen die Voraussetzungen für ein BEM nicht vor, so können auch im Rahmen des BGM für Personen mit erhöhten Gesundheitsrisiken und Beschwerden spezifische Maßnahmen angeboten bzw. explizit für diese Personengruppe konzipiert werden. Auch wenn die Betriebliche Gesundheitsförderung vorrangig als Maßnahme zur Ressourcenstärkung (Gesundheitsförderung) und Vermeidung von persönlichen Risiken (Primärprävention) gedacht ist, so sollte das BGM als Managementsystem auch Lösungen für die gesundheitlich angeschlagenen Beschäftigten prüfen. Hierbei können Maßnahmen auf der Beratungs- und Coaching-Ebene, der Einbezug von Physiotraining bis hin zur Physiotherapie, die Sozialberatung sowie der Einsatz von digitalen Lösungen (inkl. E-Health) zum Einsatz kommen. Aber auch Maßnahmen im Gruppenformat mit individueller Belastungsdosierung bei den Teilnehmenden zählen zur Individualisierung. Durch diese Vorgehensweise können die Vorteile der Gruppe, z. B. gemeinsam aktiv zu sein, Spaß zu haben oder sich gegenseitig zu motivieren, genutzt werden. Zugleich werden Gesundheitsverbesserungen aufgrund der persönlichen Belastungsdosierung wahrscheinlicher.

Eine Besonderheit stellt Firmenfitness dar. Hierbei stehen nicht nur die Ressourcenstärkung und Reduzierung von Gesundheitsrisiken, wie Bewegungsmangel oder Übergewicht, im Vordergrund; Firmenfitnessangebote gelten als Benefit und stärken die Verbundenheit mit dem Arbeitgeber. Demnach können auch weitere Gesundheitsmaßnahmen mit Benefit-Charakter alternativ oder ergänzend zu Firmenfitness herangezogen werden.

Auf der Verhältnisebene betreffen die individualisierten Maßnahmen die Anpassungen der Arbeitsbedingungen an die Fähigkeitsveränderungen von Mitarbeitern mit gesundheitlichen Einschränkungen infolge von Erkrankungen oder Verletzungen. Grundsätzliche Anpassungen an die Vielfältigkeit der Beschäftigten hinsichtlich Körpergröße oder Fähigkeitsveränderungen durch den Alterungsprozess sollten grundsätzlich, d. h. für die gesamte Belegschaft betrachtet werden, wie z. B. elektrisch höhenverstellbare Tische am Arbeitsplatz.

[1] ENWHP, 2014, S. 4.

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