Entscheidungsstichwort (Thema)

Treuwidrige Berufung auf die Schriftformpflicht des § 623 BGB. Treuwidrigkeit der Berufung auf die Schriftformpflicht des § 623 BGB

 

Leitsatz (redaktionell)

Es stellt sich als treuwidrig und rechtsmissbräuchlich dar, wenn ein Arbeitnehmer im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber auf eigenen zu einem Schwesterunternehmen in das Ausland wechselt, ohne dass das Arbeitsverhältnis förmlich durch Kündigung oder Aufhebungsvereinbarung beendet wird und sich erst vier Jahre später nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Schwesterunternehmen auf den Formmangel beruft.

 

Normenkette

BGB §§ 623, 126, 242

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 26.04.2012; Aktenzeichen 19 Ca 7422/11)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 29. April 2012 -19 Ca 7422/11 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses sowie um die Weiterbeschäftigung der Klägerin bei der Beklagten.

Die Klägerin war auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 05. April 1991 (Bl. 5 ff d. A.) seit dem 01. April 1991 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in deren in A gelegenen Niederlassung als Sachbearbeiter Finanz- und Rechnungswesen beschäftigt. Das Bruttomonatsgehalt betrug zuletzt 2.310,00 €.

Im Jahr 2006 bekundete die Klägerin gegenüber einer Mitarbeiter der B der Beklagten (im Folgenden: das Schwesterunternehmen) ihr Interesse an einem Arbeitsplatz in der Schweiz, zumal zu jener Zeit auch ihr Ehemann und ihr Sohn dort lebten und arbeiteten. Zunächst war aber keine Stelle frei.

Im Frühjahr 2007 ergab sich im Schwesterunternehmen der Beklagten eine Stellenvakanz. Am 23. März 2007 wurde der Klägerin diese Stelle angeboten. Die Klägerin nahm an. Mit Schreiben vom 14. Juni 2007 (Bl. 26 d. A.) teilte die Beklagte der Klägerin unter dem Betreff "Ihr Austritt/Umzug in die Schweiz" u. a. Folgendes mit:

"Wir freuen uns, dass sie bereit sind, ihre berufliche Karriere ab dem 01. Juli 2007 bei B fortzusetzen. Mit Ihrer Flexibilität beweisen Sie, dass Sie ein "echter Macher" im Sinne unserer Unternehmensleitlinien sind.

Der Form halber kurz: Ihr Anstellungsverhältnis mit der D endet zum 30. Juni 2007. (...)"

Am 25. Juni 2007 unterzeichnete die Klägerin mit dem Schwesterunternehmen einen unbefristeten Arbeitsvertrag nach Schweizer Recht (Bl. 29 ff d. A.).

Zum 30. Juni 2007 stellte die Klägerin ihre Tätigkeit für die Beklagte ein. Die Beklagte erteilte ihr ein Arbeitszeugnis, in dem es u. a. heißt, dass die Klägerin das Unternehmen verlasse. Außerdem meldet sie die Klägerin bei der Sozialversicherung ab. Die von der Klägerin bekleidete Stelle wurde von der Beklagten nicht neu besetzt.

Am 01. Juli 2007 nahm die Klägerin ihre Arbeit für das Schwesterunternehmen in der Schweiz auf. Dieses kündigte sein Arbeitsverhältnis mit der Klägerin am 25. August 2011 zum 30. November 2011.

Mit Schreiben vom 08. September 2011 machte die Klägerin durch ihre Schweizer Rechtsanwälte bei dem Schwesterunternehmen eine Abgangsentschädigung in Höhe von 24.800,00 Sfr. geltend. Diese wird gemäß Art. 339 b des Schweizer Obligationenrechts (OR) gezahlt, wenn das Arbeitsverhältnis eines mindestens 50 Jahre alten Arbeitnehmers nach 20 oder mehr Dienstjahren endigt (Gesetzestext Bl. 125 d. A.). Die Klägerin hat die Forderung in Höhe 23.450,40 Sfr. im Beitreibungsregister des Beitreibungsamtes Kloten eintragen lassen (Auszug Bl. 124 d. A.).

Mit Schreiben vom 03. November 2011 machte der deutsche Prozessbevollmächtigte der Klägerin der Beklagten gegenüber außerdem die Weiterbeschäftigung der Klägerin ab 01. Dezember 2011 geltend. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 08. November 2011 ab.

Am 01. Dezember 2011 nahm die Klägerin ein neues Arbeitsverhältnis bei einem dritten Arbeitgeber in der Schweiz auf.

Mit ihrer am 10. November 2011 bei Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangenen Klage hat die Klägerin die Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten und ihre Weiterbeschäftigung am alten Arbeitsplatz begehrt.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bestünde mangels eines schriftlichen Aufhebungsvertrages weiter.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 01. April 1991 unbeendet ein Arbeitsverhältnis besteht;

2. hilfsweise festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis über den 30. Juni 2007 unbeendet fortbesteht;

3. hilfsweise, für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1. oder 2., die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Mitarbeiterin im Zentralen Rechnungswesen zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, es sei auch im März 2007 noch der dringende Wunsch der Klägerin gewesen, das mit ihr bestehende Arb...

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