keine Angaben zur Rechtskraft

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerdestelle. Einigungsstelle. AGG

 

Leitsatz (amtlich)

Nach dem gegenwärtigen Stand der Rechtsprechung und der wissenschaftlichen Diskussion ist nicht offensichtlich auszuschließen, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Bestimmung der für die Entgegennahme und Bescheidung von Beschwerden nach § 13 AGG zuständigen Stelle besteht. Ein Antrag auf Bestellung einer Einigungsstelle zu diesem Thema kann daher nicht wegen einer offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle zurückgewiesen werden.

 

Normenkette

AGG § 13; BetrVG §§ 76, 86-87; ArbGG 98

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 14.03.2007; Aktenzeichen 17 BV 115/07)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 14. März 2007 – 17 BV 115/07 – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen zum Teil abgeändert:

Der Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht A wird zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Thema „Einrichtung einer Beschwerdestelle gemäß § 13 AGG” bestellt.

Die Zahl der Beisitzer wird auf zwei pro Seite festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Bestellung einer Einigungsstelle über die Einrichtung einer Beschwerdestelle gemäß § 13 Abs. 1 AGG.

Der zu 2) beteiligte Arbeitgeber betreibt eine Kette von Discount-Drogerien. Die personellen Angelegenheiten der Belegschaft der einzelnen Läden werden jeweils von einem zentralen Verkaufsbüro bearbeitet und entschieden. Im Zuständigkeitsbereich der Verkaufsbüros sind auf der Grundlage eines Tarifvertrages gemäß § 3 BetrVG jeweils mehrere Bezirksbetriebsräte gebildet worden, die die Belegschaft der Läden ihres Bezirks repräsentieren. Der antragstellende Betriebsrat vertritt die Arbeitnehmer des Bezirks B, der die Läden in und um B und C umfasst und dem Verkaufsbüro D zugeordnet ist. Der Arbeitgeber unterrichtete die Arbeitnehmer des Bezirks nach Inkrafttreten des AGG mit einem Rundschreiben, dass er eine Beschwerdestelle gemäß § 13 AGG eingerichtet habe und dass das AGG betreffende Beschwerden an das Verkaufsbüro D gerichtet werden könnten. Der Betriebsrat ist der Auffassung, er sei bei der Einrichtung der Beschwerdestelle nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zu beteiligen, und verlangt nach dem Scheitern innerbetrieblicher Verhandlungen die Bestellung einer Einigungsstelle zu diesem Thema.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands sowie der dort gestellten Anträge wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat die Anträge des Betriebsrats zurückgewiesen und angenommen, die Einigungsstelle sei im Sinne von § 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG offensichtlich unzuständig, da der Arbeitgeber mit der Bestimmung der Beschwerdestelle lediglich unmittelbar die Vorgaben des AGG umgesetzt habe. Da der Arbeitgeber kein bestimmtes Beschwerdeverfahren festgelegt habe, sei das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer nicht betroffen. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Ausführungen unter II. des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Der Betriebsrat hat gegen den am 21. März 2007 zugestellten Beschluss am 30. März 2007 Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Er hält an seiner Ansicht fest, dass die Bestellung der Beschwerdestelle mitbestimmungspflichtig sei. In jedem Fall, in dem sich ein Arbeitnehmer an die Beschwerdestelle wendet, sei das Verhalten der Arbeitnehmer oder die Ordnung des Betriebs betroffen. Die Bestellung der vorgesetzten Mitarbeiter aus dem Verkaufsbüro D zur Beschwerdestelle entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben, da diese nicht das Vertrauen der Arbeitnehmer hätten.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vortrags des Betriebsrats wird auf den Schriftsatz vom 29. März 2007 Bezug genommen.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 14. März 2007 – 17 BV

115/07 – abzuändern und

  1. den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht A zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Bestellung einer Beschwerdestelle gemäß § 13 AGG” zu bestellen,
  2. die Zahl der Beisitzer auf drei pro Seite festzusetzen.

Der Arbeitgeber verteidigt zur Begründung seines Zurückweisungsantrags die Würdigung des Arbeitsgerichts. Die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig, da eine Mitbestimmung bei der Bestellung der Beschwerdestelle unzulässig in die unternehmerische Organisationsfreiheit des Arbeitgebers eingreife. Es sei nicht Zweck von § 13 AGG, einen neuen Mitbestimmungstatbestand zu schaffen. Jedenfalls genüge eine Besetzung der Einigungsstelle mit einem Beisitzer pro Seite.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vortrags des Arbeitgebers wird auf den

Schriftsatz vom 24. April 2007 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist zum Teil begründet.

1. Die Anträge des Betriebsrats sind zulässig.

Dass der Betriebsrat am 13. und 27. Februar 2007 die Einleitung des vorliegenden Verfahrens vorsehende Beschlüsse gemäß § 33 BetrVG gef...

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