[1] Um finanzielle Nachteile für Mitglieder auszugleichen, deren Beitragsabschläge erst durch spätere Erstattung berücksichtigt werden (vgl. Ausführungen unter Abschnitt 3.5), ist der Erstattungsanspruch wegen dieser zu viel gezahlten Beiträge in Form (zunächst) nicht berücksichtigter Beitragsabschläge unter bestimmten Voraussetzungen zu verzinsen. Der Gesetzgeber ist ursprünglich von einer Verzinsung des Erstattungsanspruchs gemäß § 27 Abs. 1 SGB IV ausgegangen. Diese in den gemeinsamen Vorschriften für die Sozialversicherung angelegte Regelung ist für die in Rede stehenden Erstattungsfälle jedoch ungeeignet, da die Voraussetzungen zur Verzinsung eines Beitragserstattungsanspruchs nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in aller Regel nicht erfüllt sind, weil weder ein vollständiger Erstattungsantrag vorliegt (erste Alternative) noch eine Entscheidung des Versicherungsträgers über die Erstattung bekanntgegeben wurde (zweite Alternative).

[2] Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber im Rahmen des "Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz)" vom 27.3.2024 (BGBl. I Nr. 108) mit der Regelung in § 125 SGB IV eine vereinfachte Übergangsregelung zur Verzinsung des Erstattungsanspruchs und zur Aufrechnung geschaffen. Diese sieht vor, dass der Erstattungsanspruch nach § 55 Abs. 3d Satz 1 SGB XI nach Ablauf des Kalendermonats der Beitragszahlung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Erstattung mit 4 % pro Jahr zu verzinsen ist. Ein gesonderter Antrag auf Verzinsung dieses Erstattungsanspruchs ist nicht zu stellen.

[3] Die als Übergangsregelung angelegte Vorschrift des § 125 SGB IV ist am 28.3.2024 in Kraft getreten und tritt am 30.6.2026 außer Kraft. Sie stellt auf den Erstattungsanspruch nach § 55 Abs. 3d Satz 1 SGB XI als maßgebende Grundlage für die Verzinsung (dieses Erstattungsanspruchs) ab. Mit dem Abstellen auf den Erstattungsanspruch nach § 55 Abs. 3d Satz 1 SGB XI werden insbesondere die Fälle von der vereinfachten Verzinsung erfasst, in denen die Beitragsabschläge erst mit Einsatz des digitalen Übermittlungsverfahrens zur Erhebung und zum Nachweis der Anzahl der Kinder (§ 55 Abs. 3c SGB XI) berücksichtigt werden und sich infolgedessen ein Erstattungsanspruch wegen zu viel gezahlter Beiträge (Beitragsabschläge) ab dem 1.7.2023 ergibt. Bei Anwendung des regulären Nachweisverfahrens nach § 55 Abs. 3a SGB XI oder des vereinfachten Nachweisverfahrens nach § 55 Abs. 3d Satz 2 SGB XI findet eine Beitragsdifferenzierung nach der Kinderzahl bereits statt. Sollten hier im Übergangszeitraum dennoch Erstattungsfälle auftreten, beispielsweise weil der beitragsabführenden Stelle die Anzahl der Kinder verzögert mitgeteilt wird, handelt es sich nicht um einen Erstattungsanspruch nach § 55 Abs. 3d Satz 1 SGB XI.

[4] Dies bedeutet, dass die Regelung des § 125 SGB IV – ungeachtet des Zeitpunktes ihres Inkrafttretens am 28.3.2024 – im Regelfall nur für Ansprüche auf Erstattung zu viel gezahlter Pflegeversicherungsbeiträge (Beitragsabschläge) ab dem 1.7.2023 in Betracht kommt, die sich aus dem Einsatz des digitalen Datenübermittlungsverfahren ergeben. Sie findet somit auf Erstattungsansprüche, die bereits vor Einsatz des digitalen Übermittlungsverfahrens erfüllt worden sind, keine Anwendung, soweit es sich nicht um Erstattungen im Sinne des § 55 Abs. 3d Satz 1 SGB XI handelt. Ein Zinsanspruch nach § 125 SGB IV entsteht ferner nicht für Erstattungszeiträume, die nach dem Übergangszeitraum liegen, also ab dem 1.7.2025.

[5] Erstattungsansprüche, die sich im Zuge des digitalen Übermittlungsverfahrens zum Nachweis der Elterneigenschaft allein durch den Wegfall des Beitragszuschlags für Kinderlose ergeben, sind nicht zu verzinsen.

[6] Der im jeweiligen Einzelfall zu ermittelnde Zinsanspruch entsteht nach § 125 Abs. 1 SGB IV – im Unterschied zum Zinsanspruch nach § 27 Abs. 1 SGB IV – nach Ablauf (je)des Kalendermonats der Beitragszahlung. D.h. er entsteht angesichts der monatlichen Fälligkeit von Beiträgen für jeden Monat der Beitragszahlung, für den die Beiträge wegen der Nichtberücksichtigung des Beitragsabschlags zu viel (zu Unrecht) gezahlt worden sind, eigenständig. Der Verzinsungszeitraum stellt sich mithin für jeden Monat der (unrechtmäßigen) Beitragszahlung anders dar; er sortiert sich absteigend ausgehend von dem am weitesten zurückliegenden Erstattungszeitraum. Der im Zuge der Erstattung im Einzelfall zu ermittelnde Zinsanspruch lässt sich mithin nicht aus der Höhe der Erstattungssumme und des Erstattungszeitraums bilden.

[7] Der zur Ermittlung des konkreten Zinsanspruchs zu bildende Verzinsungszeitraum beginnt nach Ablauf des Kalendermonats der Beitragszahlung, wobei aus Vereinfachungsgründen auf den Ablauf des Kalendermonats der Fälligkeit der jeweiligen Beiträge abgestellt werden kann. Der Zeitraum endet mit Ablauf des Kalendermonats vor der Beitragserstattung.

Praxis-Beispiel

Im Zuge der Bestandsabfrage nach § 124 SGB IV erhält ein A...

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