Rz. 9

Durch die Pfändung erfolgt zunächst eine Beschlagnahme der Vergütung im Ganzen. Auf Antrag ist durch das Vollstreckungsgericht (Rechtspfleger, § 20 Nr. 17 RPflG) zugunsten des Schuldners Pfändungsschutz zu gewähren. Im Insolvenzverfahren ist das Insolvenzgericht nach § 36 Abs. 1, 4 InsO zuständig (vgl. auch Rz. 5). Dies gilt auch in Insolvenzverfahren, die vor dem 1.12.2001 eröffnet worden sind (BGH, NJW 2003, 2167 = ZVI 2003, 170 = ZInsO 2003, 413 = MDR 2003, 831 = Rpfleger 2003, 458; BT-Drucks. 14/5680 S. 6, 17). Antragsberechtigt ist neben dem Schuldner dessen unterhaltsberechtigter Ehegatte/Lebenspartner i. S. d. LPartG, nicht hingegen der Drittschuldner.

 

Rz. 10

Zur Sicherstellung des Mindestunterhaltes der minderjährigen Kinder ist der Unterhaltsschuldner verpflichtet, bei Zugriff anderer Gläubiger auf die Abfindung einen Vollstreckungsschutzantrag nach der Regelung des § 850i ZPO zu stellen (AG Flensburg, SchlHA 2009, 371 = FamRZ 2010, 128 = FF 2009, 465 = FamFR 2009, 16).

 

Rz. 11

Der Antrag, ist nicht fristgebunden, muss aber vor Beendigung des Vollstreckungsverfahrens gestellt werden (BGH, 14.1.2010, IX ZA 42/09 – juris). Demgemäß entfällt ein Rechtsschutzinteresse des Schuldners für einen Vollstreckungsschutzantrag, nachdem der Drittschuldner an den Gläubiger gezahlt hat (OLG Köln, OLGZ 1990, 236, 237; MünchKomm/ZPO-Smid, § 850i Rn. 2; Musielak/Becker, § 850i Rn. 5).

 

Rz. 12

Der Antragsteller hat alle entscheidungserheblichen Umstände, die seine Person und die ihm ggü. unterhaltsberechtigten Angehörigen betreffen, darzulegen und ggf. zu beweisen. Einwendungen des Vollstreckungsschuldners, die inhaltlich Umstände i. S. d. § 850i Abs. 1 ZPO betreffen, sind nicht mit der Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO, sondern durch entspr. Antrag geltend zu machen. Auch stellt der Antrag nach § 850i ZPO keine Erinnerung i. S. d. § 766 ZPO dar, weil er nicht eine Überprüfung des Pfändungsbeschlusses, sondern die Berücksichtigung neu geltend gemachter Tatsachen bezweckt (OLG Thüringen, InVo 2002, 197). Vor einer Entscheidung ist der Gläubiger anzuhören, damit entspr. Abs. 1 Satz 3 dessen Belange gewürdigt werden können. Dies bedeutet, dass ein Pfändungsschutz auch gänzlich versagt werden kann, wenn der Gläubiger hinsichtlich einer dringenden Notlage auf die vollstreckbare Forderung angewiesen ist.

Im Insolvenzverfahren ist § 850i Abs. 1 Satz 3 ZPO allerdings nicht unmittelbar anwendbar, weil durch diese Regelung sichergestellt werden soll, dass die individuellen Belange des vollstreckenden Gläubigers – etwa seine über die allgemeinen Verhältnisse hinausgehende Schutzbedürftigkeit – Berücksichtigung finden. Im Insolvenzverfahren ist eine solche Abwägung zugunsten einzelner Gläubiger ausgeschlossen (BGH, ZInsO 2014, 1488 = WM 2014, 1432 = DB 2014, 1676; vgl. Ahrens, ZInsO 2010, 2357, 2362). Dennoch bedarf es nach § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 850i Abs. 1 ZPO einer wertenden Entscheidung des Gerichts, ob und wie Pfändungsschutzvorschriften der §§ 850 ff. ZPO unter Abwägung der Belange von Schuldner und Gläubiger zur Anwendung kommen (BGH, ZIP 2010, 293 = WM 2010, 271 = NZI 2010, 141 = Rpfleger 2010, 233 = MDR 2010, 408 = ZVI 2010, 102 = InsVZ 2010, 144 = NJW-RR 2010, 474).

Die Entscheidung ergeht durch zu begründenden Beschluss, der von Amts wegen zuzustellen ist (§ 329 Abs. 3 ZPO).

4.1 Belassung eines Freibetrages für den Schuldner (Absatz 1 Satz 1)

 

Rz. 13

Nach § 850i Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Gericht dem Schuldner auf Antrag während eines angemessenen Zeitraums so viel zu belassen, als ihm nach freier Schätzung des Gerichts verbleiben würde, wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde, wenn sonstige Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind, gepfändet werden, soweit dies erforderlich ist, damit dem Schuldner ein unpfändbares Einkommen in Höhe der von § 850c Abs. 1, 2a ZPO bestimmten Beträge ggf. i. V. m. mit §§ 850e, 850f Abs. 1 ZPO verbleibt (BGH, Rpfleger 2019, 102 = NZM 2019, 223). Bei der Beurteilung sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, insbes. auch seine sonstigen Verdienstmöglichkeiten, frei zu würdigen; dem Schuldner darf jedenfalls nicht mehr belassen werden, als ihm für diesen Zeitraum bei fortlaufendem Einkommen pfandfrei belassen würde (AG Michelstadt, JurBüro 2002, 549). Zugleich hat eine Abwägung mit den entgegenstehenden Gläubigerbelangen zu erfolgen (LG Essen, ZVI 2011, 379 = VuR 2011, 429; LG Bochum, ZInsO 2010, 1801).

 

Rz. 14

Der Zweck des § 850i ZPO ist die Gleichbehandlung aller Einkunftsarten des Schuldners. Zu belassen ist ihm dabei so viel, als ihm nach freier Schätzung des Gerichts bei Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn verbleiben würde. Damit verweist § 850i Abs. 1 ZPO auf die Pfändungsschutzvorschriften der §§ 850 ff. ZPO (BGH, ZInsO 2014, 1488 = WM 2014, 1432 = DB 2014, 1676 = ZIP 2014, 1598 = MDR 2014, 1111= NZI 2014, 773 = DGVZ 2014, 217 = NJW-RR 2014, 1198 = JurBüro 2014, 547 = DZWIR 2014, 553 = ZVI 2014, 418 = Rpfleger 2014, 686; BGH, NJW-RR 2009, 410 = Rpfleger 2008, 650 = MDR 2008, 1357 = FamRZ 2008,...

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