Für Arbeitgeber stellt sich die Frage, wie sie Compliance-Regelungen in das Arbeitsverhältnis aus taktischer Sicht implementieren sollten, damit sie für die Mitarbeiter verbindlich sind. Es kommt in Betracht, die Regelungen im Rahmen des Direktionsrechts einseitig anzuweisen (z. B. auf Basis einer Richtlinie bzw. Policy), durch Abschluss einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat zu vereinbaren oder sie arbeitsvertraglich zu vereinbaren.

In aller Regel ist es für Arbeitgeber und HR-Verantwortliche pragmatisch und damit am besten, die Compliance-Regelungen im Wege des Direktionsrechts anzuweisen, soweit möglich.[1]

 
Wichtig

Exkurs Direktionsrecht

Das arbeitgeberseitige Direktionsrecht erlaubt es, Zeit, Ort, Inhalt sowie Art und Weise der von dem Arbeitnehmer geschuldeten Leistung nach billigem Ermessen einseitig festzulegen gemäß § 106 Satz 1 GewO i. V. m. § 315 BGB.

Eine einseitig angewiesene Richtlinie bzw. Policy kann der Arbeitgeber jederzeit wieder abändern. Die Mitarbeiter müssen dazu auch nicht zustimmen; es ist hinreichend, aber auch erforderlich, dass sie (nachweisbar) Kenntnis von der Richtlinie bzw. Policy haben. Der Arbeitgeber stößt mit seinem Direktionsrecht indes dann auf Grenzen, möchte er weitergehende Verpflichtungen schaffen oder bestehende günstigere arbeitsvertragliche Regelungen abändern. Hintergrund ist, dass der Arbeitgeber zwar auf Basis des Direktionsrechts die Pflichten des Arbeitnehmers konkretisieren, sie aber nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers erweitern kann.

Ist ein Betriebsrat gebildet, können die Betriebspartner die Compliance-Regelungen auf Basis einer Betriebsvereinbarung vereinbaren. Da die Betriebsvereinbarung nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG unmittelbar und zwingend auf das Arbeitsverhältnis wirkt, sind die Regelungen für die vom Geltungsbereich[2] erfassten Arbeitnehmer zu beachten. Aufgrund ablösender Betriebsvereinbarungen können die Betriebspartner die Regelungen auch leichter abändern, als der Arbeitgeber dies im Verhältnis zu den Arbeitnehmern auf Basis von individualrechtlichen Abreden könnte.

 
Praxis-Tipp

Compliance-Regelungen nicht in Arbeitsvertrag

Sofern der Arbeitgeber erwägt, solche Compliance-Regelungen arbeitsvertraglich einzuführen, ist zu berücksichtigen, dass jeder Mitarbeiter gesondert zustimmen müsste. Jede Abänderung der Compliance-Regelung – die erfahrungsgemäß regelmäßig vorzunehmen ist – bedürfte erneut der Zustimmung der Mitarbeiter. Daher erweisen sich arbeitsvertragliche Regelungen zur Compliance als zu unflexibel; sie verursachen überdies für HR-Verantwortliche einen erheblichen administrativen Aufwand. Arbeitsvertragliche Regelungen wären indes dann abzuschließen, wenn die Regelung eine Vertragsstrafe vorsehen sollte.

Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen zu den taktischen Aspekten muss der Arbeitgeber nach Maßgabe des spezifischen Regelungsgehalts gesondert prüfen, auf welche Weise er die Compliance-Regelungen wirksam in das Arbeitsverhältnis einführen kann.

[1] Hierzu kommt es u. a. in Betracht, dass die Mitarbeiter den Empfang der Richtlinie bzw. Policy quittieren oder diese per E-Mail erhalten und eine Lesebestätigung übersenden müssen.
[2] Organmitglieder und leitende Angestellte sind hiervon nicht erfasst (§ 5 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 BetrVG bzw. § 5 Abs. 3 BetrVG): Für leitende Angestellte sollten daher entsprechende Regelungen mit dem Sprecherausschuss vereinbart werden; für Organmitglieder empfiehlt es sich, die Regelungen in Form von Weisungen vorzugeben.

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