Rz. 7

Die werktägliche Arbeitszeit kann grundsätzlich auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, sodass sich bei 6 Werktagen pro Woche eine höchstzulässige Wochenarbeitszeit von 60 Stunden ergibt. Diese Verlängerung bedarf arbeitszeitrechtlich keiner Rechtfertigung; insbesondere ist ohne Belang, warum und in welchem Umfang die Arbeitszeit verlängert wird und ob die Verlängerung voraussehbar oder regelmäßig erfolgt.[1]

 

Rz. 8

Die Grenze von 10 Stunden ist eine Obergrenze, die grundsätzlich nicht überschritten werden darf. Dies gilt selbst dann, wenn die Arbeitszeit in erheblichem Umfang aus Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst besteht; etwas anderes gilt nur in den Fällen des § 7 Abs. 1 Nr. 1a ArbZG.[2] Auch sind die weiteren in den §§ 7, 14, 15 ArbZG vorgesehenen Abweichungsmöglichkeiten zu beachten.

 

Rz. 9

Nach einer neueren Entscheidung des EuGH[3] müssen die Mitgliedstaaten die Arbeitgeber verpflichten, ein System einzurichten, mit dem die gesamte tägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer gemessen werden kann, um den Schutzzweck der EU-Arbeitszeitrichtlinie[4] umfassend zu gewährleisten. Nach jetziger Rechtslage besteht eine Aufzeichnungspflicht nur für die "über die werktägliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit" (§ 16 Abs. 2 ArbZG).[5] Auch in einer aktuelleren Entscheidung des BAG[6] wird betont, dass Arbeitgeber bei unionsrechtskonformer Auslegung des § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG gesetzlich verpflichtet sind, ein System zur Erfassung der von ihren Arbeitnehmern geleisteten täglichen Arbeitszeit einzuführen, das Beginn und Ende und damit die Dauer der Arbeitszeit einschließlich der Überstunden umfasst. Zu einer ausführlichen Kommentierung der Entscheidungen des EuGH und des BAG sowie der daraus resultierenden Konsequenzen s. Neumann-Redlin, § 16 ArbZG, Rz. 6.

 

Rz. 10

Verweigert ein Arbeitnehmer infolge struktureller Mängel bei der Dienstplangestaltung unmittelbar vor Ablauf der gesetzlich und tariflich zulässigen Höchstarbeitszeit seine Arbeitsleistung, durch die er die Höchstarbeitszeit überschreiten würde, so stellt diese Arbeitsverweigerung weder einen Grund zur außerordentlichen noch zu einer ordentlichen Kündigung dar (LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 23.11.2000, 4 Sa 81/00[7]). Verstößt die in einem Arbeitsvertrag getroffene Arbeitszeitregelung gegen § 3 ArbZG, so hat dies nach § 134 BGB nicht die Nichtigkeit der Arbeitszeitvereinbarung insgesamt, sondern deren Teilnichtigkeit zur Folge. Auch führt der Verstoß nicht zum Ausschluss eines Vergütungsanspruchs für Arbeitsleistungen oberhalb der zulässigen Höchstgrenze (BAG, Urteil v. 24.8.2016, 5 AZR 129/16[8]).

[1] Baeck/Deutsch/Winzer, ArbZG, 4. Aufl. 2020, § 3 ArbZG, Rz. 24.
[2] ErfK/Roloff, 23. Aufl. 2023, § 3 ArbZG, Rz. 2.
[3] EuGH Urteil v. 14.5.2019, C-55/18 (CCOO/Deutsche Bank), AP Nr. 30 zu Richtlinie 2003/88/EG, NZA 2019, 683.
[5] Vgl. auch ErfK/Roloff, 23. Aufl. 2023, § 16 ArbZG, Rz. 3 f.
[6] Beschluss v. 13.9.2022, 1 ABR 22/21; AP Nr. 30 zu § 87 BetrVG 1972 Gesundheitsschutz, DB 2022, 3057.
[7] ArbuR 2001, 512.
[8] NZA 2017, 58.

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