Rz. 62

Der Dienstverpflichtete muss seine Dienstleistung im Dienst eines anderen erbringen. Dies dient der Abgrenzung von der Selbstständigkeit und dem freien Dienstvertrag. Erforderlich dafür, dass der Arbeitnehmer "im Dienste eines anderen" tätig wird, ist ein gewisser Grad an persönlicher Abhängigkeit.[1] Insofern kann § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB herangezogen werden, der einen allgemeinen Rechtsgedanken bezüglich der Abgrenzung von selbstständiger zu unselbstständiger Arbeit enthält. Danach ist selbstständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.

 

Rz. 63

Allgemeingültige Kriterien können aufgrund der Eigenarten der verschiedenen Arbeitsverhältnisse kaum aufgestellt werden, aber die vom BAG entwickelten Maßstäbe helfen bei einer Abgrenzung. Diese müssen allerdings nicht kumulativ vorliegen, sondern anhand einer wertenden Gesamtbetrachtung zu der Annahme führen, dass der Arbeitnehmer persönlich abhängig ist.[2] Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls in die Abwägung mit einzustellen.[3]

2.2.2.1 Fachliche Weisungsgebundenheit

 

Rz. 64

Ein Indiz für das Bestehen einer persönlichen Abhängigkeit des Arbeitnehmers ist die Weisungsgebundenheit bei Erbringung der Arbeitsleistung. Da diese aber auch im Rahmen eines Werkvertrags vorliegen kann, wie § 645 Abs. 1 BGB aufzeigt, muss dies in der Gewichtung des Merkmals entsprechend Niederschlag finden. Darüber hinaus muss auch beachtet werden, dass für Dienste höherer Art gerade keine fachliche Weisungsgebundenheit besteht, sodass dies bei der Beurteilung ebenfalls berücksichtigt werden muss.[1] Das Vorliegen oder Fehlen der fachlichen Weisungsgebundenheit lässt damit keinen zwingenden Schluss auf eine persönliche Abhängigkeit zu.

2.2.2.2 Zeitliche Weisungsgebundenheit

 

Rz. 65

In Anlehnung an § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ist zur Bestimmung, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, auch die zeitliche Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers als Merkmal heranzuziehen.[1] Das BAG verneint in der Regel eine Arbeitnehmereigenschaft, wenn der Dienstverpflichtete in der Einteilung seiner Zeit frei ist.[2] Allerdings entfaltet auch dieses Merkmal lediglich Indiz-Wirkung, sodass dessen Nicht-Vorhandensein keine zwingende Schlussfolgerung auf eine fehlende Arbeitnehmereigenschaft zulässt.

[1] Richardi, § 5 BetrVG, Rz 23.

2.2.2.3 Örtliche Weisungsgebundenheit

 

Rz. 66

Die Ausführungen zur zeitlichen Weisungsgebundenheit[1] gelten auch für die örtliche Weisungsgebundenheit. Die freie Bestimmbarkeit des Ortes der Diensterbringung durch den Dienstverpflichteten hat daher Indiz-Wirkung hinsichtlich der Ablehnung der Arbeitnehmereigenschaft.

2.2.2.4 Organisatorische Weisungsgebundenheit

 

Rz. 67

Ein weiteres Merkmal, das in der Rechtsprechung des BAG in Betracht gezogen wurde zur Bestimmung, ob eine persönliche Abhängigkeit gegeben ist, ist der Umfang der Einbindung des Dienstverpflichteten in die betrieblichen Organisationsstrukturen. Ist der Dienstverpflichtete auf die betrieblichen Mittel des Arbeitgebers zur Erbringung seiner Dienste angewiesen, beispielsweise technische Einrichtungen, ein eigener Schreibtisch oder auch Mitarbeiter, spreche dies in hohem Maß für eine persönliche Abhängigkeit und damit für eine Arbeitnehmereigenschaft.[1]

Teilweise wird im Schrifttum die Heranziehung der organisatorischen Weisungsgebundenheit mit der Begründung verneint, dass sie lediglich eine Umschreibung der persönlichen Abhängigkeit darstelle.[2] Dem ist das BAG gefolgt unter Hinweis darauf, dass der Verwendung der betrieblichen Mittel als Solche keine entscheidende Bedeutung zukommen könne.[3]

2.2.2.5 Fremdnützigkeit der überlassenen Arbeitsleistung

 

Rz. 68

Die Fremdnützigkeit der Arbeitsleistung ist nach Ansicht des BAG ebenfalls Indiz für das Vorliegen der Arbeitnehmereigenschaft. Fremdnützig ist die Arbeitsleistung dann, wenn der Mitarbeiter diese nicht nach selbstgesetzten Zielen eigenverantwortlich und auf eigenes Risiko am Markt einsetzen kann. Vielmehr muss er darauf angewiesen sein, dem Unternehmen seine Arbeitsleistung zur Verwertung zur Verfügung zu stellen.[1]

2.2.2.6 Weitere Kriterien

 

Rz. 69

Weitere Kriterien, die zur Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft herangezogen werden, sind beispielsweise die Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung. Werden durch den Mitarbeiter regelmäßig andere Personen zur Erbringung der Dienstleistung eingesetzt, schließt dies in der Regel ein Arbeitnehmerverhältnis aus.[1] Auch wird teilweise auf die Übernahme des Unternehmerrisikos abgestellt[2] oder die Aufnahme in einen Dienstplan.[3]

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