Bei Benutzung eines Kraftfahrzeugs kann eine andere als die kürzeste Straßenverbindung zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt wird.[1] Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer ein öffentliches Verkehrsmittel benutzt, dessen Linienführung über die verkehrsgünstigere Straßenverbindung geführt wird.

Eine von der kürzesten Straßenverbindung abweichende (längere) Strecke ist verkehrsgünstiger, wenn der Arbeitnehmer seine erste Tätigkeitsstätte – trotz gelegentlicher Verkehrsstörungen – i. d. R. schneller und pünktlicher erreicht. Für die Prüfung, ob eine weitere Strecke offensichtlich verkehrsgünstiger ist, darf ausschließlich die vom Arbeitnehmer regelmäßig benutzte Streckenführung mit der kürzesten Straßenverbindung verglichen werden.[2] Unerheblich ist, ob die vom Arbeitnehmer gewählte Strecke verkehrsgünstiger ist als jede andere Verbindung. Das Gesetz verlangt für den Werbungskostenabzug nicht, dass es sich hierbei um die verkehrsgünstigste Strecke überhaupt handelt.

 
Praxis-Beispiel

Höhere Entfernungspauschale bei Nutzung eines verkehrsgünstigen Umwegs

Arbeitnehmer A fährt im Jahr an 220 Arbeitstagen mit seinem Pkw in den Betrieb. Die kürzeste Straßenverbindung beträgt 45 km. Dasselbe gilt für die Arbeitnehmer B und C. Arbeitnehmer B benutzt für seine Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte das eigene Motorrad und wählt die unstreitig verkehrsgünstigere Straßenverbindung, die 50 km beträgt.

Arbeitnehmer C fährt dagegen ausschließlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Durch die Benutzung der Bahn erhöht sich die arbeitstägliche Wegstrecke um 10 km auf 55 km (monatlicher Ticketpreis 200 EUR).

Ergebnis: Für die Berechnung der Entfernungspauschale ist – unabhängig von dem benutzten Verkehrsmittel – grundsätzlich auf die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte abzustellen. Die Arbeitnehmer A und C erhalten deshalb im Kalenderjahr den Werbungskostenabzug in gleicher Höhe.

Entfernungspauschale Arbeitnehmer A und C

220 Tage x [20 km x 0,30 EUR + 25 km x 0,38 EUR] = 3.410 EUR

Entfernungspauschale Arbeitnehmer B

Arbeitnehmer B kann die Umwegstrecke für den Werbungskostenabzug ansetzen, weil sie verkehrsgünstiger ist.

220 Tage x [20 km x 0,30 EUR + 30 x 0,38 EUR] = 3.828 EUR

Die Entfernungspauschale bewirkt, dass grundsätzlich alle Arbeitnehmer – unabhängig davon, wie sie ihren Weg zur Arbeit zurücklegen – bei gleicher Entfernung denselben Werbungskostenabzug erhalten. Der Fahrpreis für öffentliche Verkehrsmittel ist in diesem Fall ohne Bedeutung, da er niedriger ist als die Entfernungspauschale.

 
Wichtig

Keine absolute Fahrzeitverkürzung erforderlich

Konkrete zeitliche Vorgaben, die erfüllt sein müssen, um eine Straßenverbindung als "offensichtlich verkehrsgünstiger" als die kürzeste Fahrtroute anzusehen, ergeben sich weder aus dem Gesetz noch aus der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Zwar ist die zu erwartende Zeitersparnis ein gewichtiges Indiz dafür, dass die längere Umwegstrecke "offensichtlich verkehrsgünstiger" und damit für die Entfernungspauschale maßgebend ist. Eine Straßenverbindung kann ungeachtet einer Zeitersparnis aber auch dann "offensichtlich verkehrsgünstiger" sein als die kürzeste Verbindung, wenn sich dies aus anderen Umständen, wie der Streckenführung (Verkehrsaufkommen, Landstraße, Autobahn u. a.), ergibt.[3]

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