Aktuell wird in den, auch öffentlich, geführten Diskussionen häufig das Wort "Machtmissbrauch" in einem Atemzug mit dem Thema Diskriminierung im Arbeitsleben genannt. Machtmissbrauch ist kein juristischer Begriff. Die dahinter liegenden Sachverhalte beschreiben im hier relevanten Zusammenhang Situationen, in denen Unternehmen bzw. Führungskräfte rechtliche Möglichkeiten sachfremd nutzen, um Beschäftigten zu schaden, sie zu schikanieren oder zu benachteiligen.

Die gesetzgeberischen Instrumentarien, Machtmissbrauch in diesem Sinne zu begegnen, sind unter anderem das Maßregelungsverbot des § 612a BGB, aber auch im Anwendungsbereich des AGG das Maßregelungsverbot gem. § 16 AGG. Im Überschneidungsbereich beider Normen geht § 16 AGG als speziellere Norm vor. Nach § 16 AGG darf der Arbeitgeber Beschäftigte nicht wegen der Inanspruchnahme von Rechten aus dem AGG benachteiligen oder wegen der Weigerung des Arbeitnehmers, gegen AGG verstoßende Anweisungen auszuführen. Das Gesetz dehnt diesen Schutz auf diejenigen aus, die Betroffene unterstützen oder als Zeugen für sie aussagen. Ein Beschäftigter nimmt ein Recht im Sinne der Norm wahr, wenn er entweder eine Benachteiligung gegenüber Verantwortlichen oder Dritten behauptet, eine betriebliche Beschwerde gem. § 13 AGG einlegt, benachteiligende Maßnahmen zurückweist oder Ansprüche gerichtlich geltend macht. "Vergeltungsmaßnahmen" des Arbeitgebers als Reaktion auf solche Vorgänge sind nach § 16 AGG verboten. Es handelt sich somit bei § 16 AGG um ein Verbotsgesetz gem. § 134 BGB.[1] Die nach § 16 Abs. 1 AGG untersagten Benachteiligungen sind umfassend zu verstehen. Erfasst werden beispielsweise die Vorenthaltung von Vergünstigungen, die andere Beschäftigte erhalten sowie sonstige Verschlechterungen des Status quo des Arbeitsverhältnisses. Einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers, wie beispielsweise eine Kündigung, die als Reaktion auf eine Beschwerde wegen eines Diskriminierungsverstoßes ausgesprochen wird, sind unwirksam.[2] Erforderlich ist, dass zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur der äußere Anlass für die Maßnahme war.[3] Die zulässige Rechtsausübung muss vielmehr der tragende Grund, das heißt das wesentliche Motiv, für die benachteiligende Maßnahme gewesen sein.[4]

Auch § 242 BGB kann betreffend für Sachverhalte relevant werden, die unter dem Stichwort "Machtmissbrauch" diskutiert werden. So kann es beispielsweise einem Arbeitgeber nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt sein, sich auf eine "an sich" wirksame Rechtsgrundlage zu berufen, wenn dies treuwidrig wäre. Entsprechendes hat beispielsweise das LAG Baden-Württemberg in einem Urteil[5] entschieden. In diesem Fall hatte eine Arbeitnehmerin eine sexuelle Belästigung gemeldet. Zur Befriedung des "Vorfalls" vereinbarten die Vertragsparteien die Übertragung einer Leitungsfunktion auf die Arbeitnehmerin. Diese Übertragung wurde zeitlich auf Basis tarifvertraglicher Regelungen befristet. Nach einigen Jahren berief sich die Arbeitgeberin auf das Ende der befristeten Übertragung der Leitungsfunktion und wies der Arbeitnehmerin wieder ihre bisherige Position zu. Das LAG Baden-Württemberg hat die Befristungsvereinbarung an sich für wirksam erachtet, jedoch entschieden, dass sich das Unternehmen dennoch nicht auf die Befristung berufen könne, da dies gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen würde.

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