1.1.1 Mindestgröße für beteiligungspflichtige Betriebsänderungen

Beteiligungspflichtig sind nach § 111 Satz 1 BetrVG Betriebsänderungen nur dann, wenn sie Unternehmen betreffen, in denen in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt werden. Die Wahlberechtigung richtet sich nach § 7 BetrVG.

§ 111 BetrVG stellt seit Inkrafttreten des Betriebsverfassungsreformgesetzes vom 23.7.2001 nicht mehr auf die Anzahl der Belegschaftsmitglieder des betroffenen Betriebes, sondern auf die Zahl der Arbeitnehmer im Unternehmen ab. Damit trägt der Gesetzgeber der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts[1] Rechnung. Auch das BAG hatte bereits in diese Richtung entschieden.[2]

Die 21 oder mehr Arbeitnehmer müssen in der Regel im Unternehmen beschäftigt sein, daher kommt es nicht auf die Zahl zu einem bestimmten Stichtag an. Entscheidend ist, welche Arbeitnehmerzahl für das Unternehmen im Allgemeinen charakteristisch ist. Maßgeblich ist daher der Normalbestand unter Abzug der Spitzen- und Talsituationen.[3] Entscheidender Beurteilungszeitpunkt ist der Zeitpunkt, in dem der Betriebsrat vor Entscheidungsreife der Planung eingeschaltet werden muss.[4] In einem gemeinsamen Betrieb ist insoweit auf die Gesamtzahl aller in ihm beschäftigten Arbeitnehmer abzustellen.[5] Leiharbeitnehmer sind mitzuzählen, sofern sie zum Zeitpunkt der notwendigen Einschaltung des Betriebsrats bereits drei Monate im Unternehmen beschäftigt werden. Weiter ist zu prüfen, ob sie oder ihr Arbeitsplatz zum Normalbestand des Unternehmens gehören. Werden sie bereits länger als 6 Monate beschäftigt und kann der Arbeitgeber nicht darlegen, dass es sich um einen begrenzten Einsatz handelt, sind diese Leiharbeitnehmer mitzuzählen.[6]

1.1.2 Handlungsfähiger Betriebsrat bei Betriebsänderungen

Für die Unterrichtung und Beratung sowie die Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan sind grundsätzlich die für den einzelnen Betrieb gewählten Betriebsräte zuständig. Nur wenn insoweit mindestens 2 Betriebe eines Unternehmens betroffen sind und eine einheitliche Regelung zwingend geboten ist, kann eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats angenommen werden, z. B. wenn alle Betriebe eines Unternehmens stillgelegt werden sollen.[1] Wird in einem bisher betriebsratslosen Betrieb ein Betriebsrat erst nach der Durchführung der geplanten Betriebsänderung, z. B. wenn die ersten Kündigungen ausgesprochen sind, gewählt, kann er nicht mehr "rückwirkend" Beteiligungsrechte geltend machen.[2] Endet vor der Durchführung der Betriebsänderung die Amtszeit des Betriebsrats, so laufen die Rechte aus §§ 111, 112 BetrVG leer, wenn keine Neuwahl stattfindet.

Wird der Betrieb stillgelegt, bevor eine Einigung über einen Interessenausgleich und Sozialplan stattgefunden hat, so kann der Betriebsrat die Rechte aus §§ 111, 112 BetrVG weiter als sog. Restmandat ausüben.[3] Bei der Ausgliederung von wesentlichen Betriebsteilen bis hin zur Aufspaltung des gesamten Betriebs bleibt der bisherige Betriebsrat für die Wahrnehmung der Beteiligungsrechte aus der Betriebsänderung zuständig.[4]

1.1.3 Planung einer Betriebsänderung

Ob ein Beteiligungsrecht des Betriebsrats aufgrund einer Betriebsänderung besteht, beurteilt sich nach der Planung des Unternehmens. Spätere Änderungen sind grundsätzlich unerheblich. Es reicht aus, dass ein erheblicher Personalabbau aufgrund der unternehmerischen Planungsentscheidung "in Betracht kommt". Ohne Bedeutung ist, dass die vom Arbeitgeber später tatsächlich vorgenommenen Entlassungen hinter dem ursprünglichen Planungsziel zurückbleiben. Dies gilt auch dann, wenn später im Ergebnis die Schwellenwerte des § 17 KSchG nicht mehr erreicht werden. Das gemäß § 111 Satz 1 BetrVG in der Planungsphase entstehende Beteiligungsrecht kann nicht mehr nachträglich entfallen. Auf der Grundlage der Planung entscheidet sich auch, ob die lokalen Betriebsräte oder der Gesamt- oder der Konzernbetriebsrat zuständig sind.

 
Praxis-Tipp

Gestaltung der Zuständigkeit des Betriebsratsgremiums

Da der Arbeitgeber die Planung vorgibt, kann er ggf. durch Gestaltung der Maßnahme Einfluss auf die Zuständigkeit des Betriebsratsgremiums nehmen. Gestaltet er die Maßnahme betriebsübergreifend, ist der Gesamtbetriebsrat zuständig. Das gilt auch dann, wenn sich – vielleicht auch aufgrund der Verhandlungsmacht des Gesamtbetriebsrats – die Maßnahme letztendlich auf einen Betrieb beschränkt.[1]

Wird nach einer ersten, nicht interessenausgleichspflichtigen Maßnahme eine zweite Maßnahme geplant und beruhen beide Maßnahmen auf einem Entschluss beurteilt sich die Interessenausgleichspflicht unter Zusammenrechnung beider Maßnahmen. Dann könnte auch nachträglich noch ein Interessenausgleich für die erste Maßnahme zu schli...

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