Rz. 4

Der volle Urlaubsanspruch entsteht nach § 4 BUrlG mit Erfüllung der Wartezeit von 6 Monaten. Wann Teilurlaubsansprüche entstehen, ist im Gesetz nicht geregelt und umstritten. Dabei geht es entscheidend darum, wann der Arbeitgeber einen geltend gemachten Anspruch des Arbeitnehmers nach § 7 Abs. 1 BUrlG zu erfüllen hat.

Zu unterscheiden ist zwischen dem Entstehen und der Fälligkeit des Teilurlaubsanspruchs. Nach allgemeinen Grundsätzen entsteht ein Anspruch, wenn die in der Vorschrift genannten Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Er wird fällig, wenn sich die Leistungspflicht des Schuldners aktualisiert, d. h. der Arbeitgeber den Teilanspruch zu erfüllen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und überwiegender Meinung in der Literatur werden die Voll- und Teilurlaubsansprüche mit dem Entstehen auch fällig.[1]

 

Rz. 5

Der Teilurlaubsanspruch entsteht bei einem Arbeitsverhältnis, welches frühestens am 1.7. eines Kalenderjahres beginnt (§ 5 Abs. 1 Buchst. a BUrlG) oder auf 6 Monate und weniger befristet ist (§ 5 Abs. 1 Buchst. b BUrlG), bereits mit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses vollständig, da bei Beginn des Arbeitsverhältnisses feststeht, dass die Wartezeit nach § 4 BUrlG im Kalenderjahr nicht erfüllt werden kann.[2] Er erhöht sich nicht sukzessive für jeden vollen Beschäftigungsmonat um ein Zwölftel.[3] § 5 Abs. 1 BUrlG regelt nur die Höhe des Teilurlaubsanspruchs, nicht jedoch den Zeitpunkt des Entstehens. Einem monatlichen Anwachsen steht das Teilungsverbot des § 7 Abs. 2 BUrlG entgegen. Außerdem würde der Urlaubsanspruch für den letzten Beschäftigungsmonat regelmäßig erst mit dem Ausscheiden entstehen. Dies widerspricht dem Grundsatz, dass die Urlaubsgewährung in Freizeit Vorrang vor der Abgeltung hat.[4]

 

Rz. 6

Der Teilurlaubsanspruch wird mit dem Entstehen auch sofort fällig. Bei Geltendmachung durch den Arbeitnehmer hat der Arbeitgeber diesen nach § 7 Abs. 1 BUrlG zu erfüllen. Die Ablehnung kommt nur bei Vorliegen eines Leistungsverweigerungsgrundes nach § 7 Abs. 1 BUrlG in Betracht. Die Wartezeit nach § 4 BUrlG steht dem Urlaubsbegehren nicht entgegen, da ein Vollurlaubsanspruch nicht entstehen kann. In der Praxis wird ein Arbeitnehmer den entstandenen und fälligen Urlaubsanspruch jedoch nur im Ausnahmefall gegen den Willen des Arbeitgebers durchsetzen. Schließlich kann ein Streit über den Urlaub den Bestand des noch nicht dem KSchG unterworfenen Arbeitsverhältnisses gefährden.

 

Rz. 7

Der Teilurlaubsanspruch nach § 5 Abs. 1 Buchst. b BUrlG entsteht, wenn bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses feststeht, dass es vor Erfüllung der Wartezeit endet.[5] Allerdings ist die Bindung an das Kalenderjahr als Urlaubsjahr zu beachten.[6] Im Hinblick auf die grundsätzlich geltende Wartezeit nach § 4 BUrlG entsteht der Teilurlaubsanspruch im laufenden Arbeitsverhältnis erst, wenn ein Beendigungstatbestand gegeben ist.[7]

 
Praxis-Beispiel

Bei einem am 1.7. beginnenden Arbeitsverhältnis entsteht der Teilurlaubsanspruch mit Beginn des Arbeitsverhältnisses.

Bei einem auf 5 Monate befristeten Arbeitsverhältnis entsteht der Teilurlaubsanspruch mit Beginn des Arbeitsverhältnisses.

Wird ein am 1.3. begründetes unbefristetes Arbeitsverhältnis am 2.7. zum 31.7. gekündigt, entsteht der Urlaubsanspruch mit Zugang der Kündigung.

Bei einem Aufhebungsvertrag entsteht der Anspruch mit dem Abschluss, wenn das vereinbarte Ende vor Erfüllung der Wartezeit liegt.

 

Rz. 8

Klagt ein Arbeitnehmer gegen eine Kündigung oder einen Aufhebungsvertrag innerhalb der Wartezeit, kommt es auf die durch das Arbeitsgericht rechtskräftig festgestellte Rechtslage an. Hiervon hängt ab, ob ein Anspruch auf Teilurlaub oder Vollurlaub entstanden ist und der Arbeitgeber wirksam den Teilurlaubsanspruch in die Zeit vor dem streitigen Ende legen konnte.[8]

 

Rz. 9

Wird ein auf 5 Monate befristetes Arbeitsverhältnis verlängert, geht der entstandene Teilurlaubsanspruch in einen Vollurlaubsanspruch über. Genommene Tage sind anzurechnen. Der restliche Urlaub kann erst nach Erfüllung der Wartezeit genommen werden.

 

Rz. 10

Bei dem Teilurlaub nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG handelt es sich in Wirklichkeit um einen gekürzten Vollurlaubsanspruch. Die Vorschrift setzt voraus, dass der Arbeitnehmer durch Erfüllung der Wartezeit einen fälligen Urlaubsanspruch erworben hat.

[1] S. hierzu näher Arnold, § 7, Rz. 21 ff.
[2] S. unten Rz. 16 f.; ErfK/Gallner, 24. Aufl. 2024, § 5 BUrlG, Rz. 6 f.; Schaub/Linck, ArbR-HdB, 20. Aufl. 2023, § 104, Rz. 67.
[3] So aber Neumann/Fenski/Kühn/Neumann, BUrlG, 12. Aufl. 2021, § 5 BUrlG, Rz. 11.
[4] Friese, Urlaubsrecht, 1. Aufl. 2003, Rz. 69.
[5] BAG, Urteil v. 10.3.1966, 5 AZR 498/65, AP KO § 59 Nr. 2.
[6] S. unten Rz. 20.
[7] ErfK/Gallner, 24. Aufl. 2024, § 5 BUrlG, Rz. 11.
[8] Näher zur Festlegung von Urlaubsansprüchen in der Kündigungsfrist s. Arnold, § 7, Rz. 72 zur vorsorglichen Urlaubsgewährung während des Rechtsstreits s. Zimmermann, § 1, Rz. 43 ff.

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