Rz. 94

Moderne Arbeitszeitgestaltungen zeichnen sich durch zunehmend mehr Flexibilität bezüglich der zeitlichen Lage der Arbeit aus. Das führt immer häufiger zu einer zunehmend ungleichen Verteilung der Arbeitszeit und im Zusammenhang mit der Berechnung des Urlaubsentgelts dazu, dass die im Referenzzeitraum geleistete Arbeitszeit und die Arbeitszeit, die durch den Erholungsurlaub ausfällt, abweichen. Dieses Problem wird häufig durch tarifvertragliche Regelungen gelöst. Nur wenn eine solche fehlt, sind die Berechnungsgrundsätze des § 11 Abs. 1 BUrlG heranzuziehen.

Tarifvertragliche Regelungen gibt es zahlreiche, von denen einige auch höchstrichterlich "behandelt" worden sind:

  • Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens vom 29.2.1988[1] zu Freischichtmodellen und zum "Sparkassenmodell"[2]
  • Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Papierindustrie in der Bundesrepublik Deutschland vom 15.6.1988 i. d. F. vom 6.11.1992[3] – Freischichtmodell
  • Manteltarifvertrag Nr. 10 für die gewerblichen Arbeitnehmer des Wach- und Sicherheitsgewerbes in Bayern vom 1.8.2006.[4]

Bei einer solchen ungleichmäßigen Verteilung der Arbeitszeit entsteht regelmäßig das Problem, wie viele Urlaubstage dem Arbeitnehmer zustehen, im Vordergrund.[5] Im Folgenden geht es ausschließlich um die Frage der Berechnung des Urlaubsentgelts.

5.2.6.1 Ungleiche Verteilung der Arbeitszeit

 

Rz. 95

Ist die Arbeitszeit des Arbeitnehmers ungleich verteilt, in dem er zwar an allen Arbeitstagen, aber unterschiedlich viele Stunden arbeitet, z. B. von Montag bis Donnerstag jeweils 8,5 Stunden und freitags nur 6 Stunden, so beeinflusst dies – vorbehaltlich abweichender tarifvertraglicher Regelungen – den Zeitfaktor. Da immer danach zu fragen ist, wie viel Arbeitszeit auf den konkreten Urlaubstag entfällt, ist hier der Geldfaktor auf Stundenbasis zu ermitteln und dann mit den jeweils am konkreten Urlaubstag ausgefallenen Stunden zu multiplizieren. Das bedeutet für den obigen Beispielsfall, dass der Arbeitnehmer dann, wenn er am Freitag Urlaub nimmt, ein geringeres Urlaubsentgelt bekommt, als wenn er an den übrigen Arbeitstagen Urlaub in Anspruch nimmt. Nimmt er den Urlaub kalenderwochenweise in Anspruch, gleichen sich die Unterschiede aus, weil er für die Woche immer ein Urlaubsentgelt für 40 Stunden erhält.

5.2.6.2 Freischichtmodelle

 

Rz. 96

Freischichtmodelle sind Arbeitszeitmodelle, bei denen die tatsächliche tägliche Arbeitsdauer länger ist als die aus der geschuldeten Wochenarbeitszeit abzuleitende durchschnittliche Tagesarbeitszeit. Es wird also gewissermaßen mehr gearbeitet, als dem Durchschnitt der täglichen Arbeitszeit entspricht. Um gleichwohl die vorgegebene Wochenarbeitszeit (oder auch Monats- oder Jahresarbeitszeit) zu erreichen, erhält der Arbeitnehmer sog. Freischichten, an denen er nicht zu arbeiten braucht.

Die Vergütung dieser Freischichten hängt davon ab, ob losgelöst von der tatsächlichen täglichen Arbeitszeit ein verstetigtes Monatsentgelt gezahlt wird, was regelmäßig der Fall ist – oder ob die tatsächlich geleistete Arbeitszeit "spitz" abgerechnet wird. Letzteres kann vernachlässigt werden, da in der Praxis bei ungleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit eine verstetigte Vergütungszahlung so gut wie immer anzutreffen ist.

 

Rz. 97

Fehlt eine tarifliche Regelung bezüglich der Berechnung des Urlaubsentgelts, so ist das Urlaubsentgelt nach den Grundsätzen des § 11 Abs. 1 BUrlG zu berechnen. Bei einem verstetigten Monatsentgelt macht die Berechnung des Geldfaktors keine Probleme; maßgeblich ist das in den letzten 13 Wochen vor der Urlaubsnahme fällig gewordene Entgelt. Der Umstand, dass hier teilweise Freischichten angefallen sind, wirkt sich auf den Geldfaktor nicht aus.

Anders hingegen bezüglich des Zeitfaktors. Durch die festgelegten Freischichten brauchte der Arbeitnehmer nicht zu arbeiten. Ohne Arbeitspflicht kann jedoch auch kein Urlaub erteilt werden, sodass der Arbeitnehmer an Tagen der Freischichten keinen Urlaub in Anspruch zu nehmen braucht, aber dann auch kein Urlaubsentgelt erhält.[1] Wenn jedoch ein verstetigtes Monatsentgelt als Arbeitsentgelt vereinbart ist, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Fortzahlung seines Arbeitsentgelts für die Tage, an denen die Arbeit wegen einer Freischicht (und nicht wegen Urlaubsnahme) ausfällt.[2]

[1] ErfK/Gallner, 19. Aufl. 2019, § 11 BUrlG Rz. 20.
[2] Zu den Freischichtmodellen in der Metallindustrie s. oben Rz. 95.

5.2.6.3 Arbeit auf Abruf

 

Rz. 98

Haben die Arbeitsvertragsparteien nach § 12 TzBfG Arbeit auf Abruf vereinbart, so besteht das Problem, dass für den Arbeitnehmer nicht erkennbar ist, wie viele Arbeitsstunden er vom Arbeitgeber abgerufen worden wäre, wenn er nicht zuvor be...

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