5.1 Grundsatz: Pflicht zur Zustimmung des Arbeitgebers

 

Rz. 64

Der Arbeitgeber hat nach § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG der vom Arbeitnehmer gewünschten Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit zuzustimmen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Grundsätzlich kann der Arbeitnehmer damit im Hinblick auf die Dauer und Lage seiner Arbeitszeit, vom Arbeitgeber die Abgabe einer Willenserklärung zur Vertragsänderung verlangen; diesen trifft eine entsprechende Pflicht.[1]

Bezüglich der Verteilung der Arbeitszeit besteht zwar nach dem eindeutigen Wortlaut ebenfalls eine Pflicht zur Abgabe einer Willenserklärung. Eine Vertragsänderung ist jedoch nur dann erforderlich, wenn die Verteilung bereits arbeitsvertraglich geregelt ist. Wird sie dagegen vom Arbeitgeber kraft dessen Direktionsrechts[2] bestimmt, bedarf es insofern keiner Vertragsänderung. Infolge der Einverständniserklärung des Arbeitgebers zum Teilzeitverlangen des Arbeitnehmers wird dessen Direktionsrecht allerdings eingeschränkt.[3]

 

Rz. 65

Der Arbeitgeber hat grundsätzlich auch die Möglichkeit, der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen, die Verteilung aber abzulehnen.[4]

Zu einer Änderung des Arbeitsvertrags kommt es jedoch dann nicht, sofern für den Arbeitgeber erkennbar ist, dass der Arbeitnehmer die Verringerung der Arbeitszeit von der gewünschten Verteilung abhängig machen wollte.[5] Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine Arbeitnehmerin mit schulpflichtigen Kindern die Verteilung ihrer Arbeitszeit auf den Vormittag wünscht. Die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit ist dann wesentlicher Bestandteil des Teilzeitverlangens.[6]

 

Rz. 66

Kommt der Arbeitgeber seiner Pflicht zur Zustimmung nicht nach, bleibt dem Arbeitnehmer nur die Möglichkeit, Klage auf Abgabe der Willenserklärung zu erheben, auch wenn dies in § 8 TzBfG im Gegensatz zu § 15 Abs. 7 Satz 5 BEEG nicht ausdrücklich geregelt ist.[7] Besondere Ansprüche, wie z. B. Schadensersatzansprüche, bestehen dagegen auch bei unberechtigter Verweigerung nicht.[8]

[1] Lindemann/Simon, BB 2001, 146, 150; Kliemt, NZA 2001, 63, 67; vgl. auch BAG, Urteil v. 13.11.2012, 9 AZR 259/11, EzA § 8 TzBfG Nr. 27; HK-TzBfG/Boecken, 6. Aufl. 2019, § 8 TzBfG, Rz. 86; HWK/Rennpferdt, 10. Aufl. 2022, § 8 TzBfG, Rz. 1.
[3] Annuß/Thüsing/Mengel, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 8 TzBfG, Rz. 131.
[4] BAG, Urteil v. 18.2.2003, 9 AZR 164/02, NZA 2003, 1392, 1394; Beckschulze, DB 2001, 2598; Däubler, ZIP 2001, 217, 221; Kliemt, NZA 2001, 63, 66; Annuß/Thüsing/Mengel, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 8 TzBfG, Rz. 131; HWK/Rennpferdt, 10. Aufl. 2022, § 8 TzBfG, Rz. 25; BAG, Urteil v. 24.6.2008, 9 AZR 514/07, EzA § 8 TzBfG Nr. 22.
[6] S. Rz. 127.
[8] Hanau, NZA 2001, 1168, 1172; ihm folgend Annuß/Thüsing/Mengel, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 8 TzBfG, Rz. 174.

5.2 Ausnahme: Entgegenstehen betrieblicher Gründe

5.2.1 Definition des betrieblichen Grundes

 

Rz. 67

Hinsichtlich der Möglichkeit, den Teilzeitwunsch abzulehnen, sah der Referentenentwurf zum TzBfG vom 5.9.2000[1] in § 8 Abs. 3 Satz 1 noch die Formulierung "dringende betriebliche Gründe" vor, während das Gesetz nun lediglich von "betrieblichen Gründen" spricht. Daraus wird deutlich, dass an die Ablehnungsgründe keine allzu großen Anforderungen gestellt werden dürfen.

 

Rz. 68

Eine solche Stufung ergibt sich auch aus der Zusammenschau mit § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BErzGG (seit 1.1.2007: § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG), der in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu der hier behandelten Norm verabschiedet worden ist.[2] Danach haben Eltern von Kindern ebenfalls einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit, es sei denn, dass "dringende betriebliche Gründe" entgegenstehen.[3] Das erfordert Gründe, die zwingend und unabweisbar sind.[4]

 

Rz. 69

Hierzu in Widerspruch stehen jedoch die Formulierungen "wesentlich" und "unverhältnismäßig" der beispielhaften Aufzählung in § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG.[5] Ein betrieblicher Grund liegt danach vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb "wesentlich" beeinträchtigt oder "unverhältnismäßige" Kosten verursacht.

 

Rz. 70

Dieser Widerspruch beruht vermutlich auf einem Redaktionsversehen bei der Abänderung des § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG in die heutige Fassung.[6] Er lässt sich allerdings auflösen, berücksichtigt man, dass die in § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG genannten Gründe lediglich eine beispielhafte Aufzählung darstellen, bei welchen ein betrieblicher Grund in jedem Fall vorliegt. Dies ergibt sich aus dem Wort "insbesondere".[7]

Voraussetzung für einen betrieblichen Grund i. S. v. § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG ist im Hinblick auf den Wortlaut aber gerade nicht generell, dass der Teilzeitwunsch dem Arbeitgeber unzumutbar ist oder wesentliche Beeinträchtigungen zu erwarten sind.[8] Vielmehr genügen nach der amtlichen Begründung[9] bereits rationale, nachvollziehbare Gründe.[10] Der Arbeitgeber muss ein nachvollziehbares, mit betriebswirtschaftli...

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