Rz. 19

Die Aufzählung der eine Befristung und damit auch eine auflösende Bedingung grundsätzlich rechtfertigenden Gründe in § 14 Abs. 1 TzBfG ist nur beispielhaft und soll weder andere von der Rechtsprechung bisher anerkannte noch weitere Gründe für Befristungen und auflösende Bedingungen ausschließen (BAG, Urteil v. 1.12.2004, 7 AZR 135/04[1]).

Soweit in Tarifverträgen für das Bordpersonal von Fluggesellschaften vorgesehen ist, dass das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, wenn durch die fliegerärztliche Untersuchungsstelle festgestellt wird, dass der Mitarbeiter wegen körperlicher Untauglichkeit seinen Beruf nicht mehr ausüben kann[2], ist dies eine auflösende Bedingung. Entsprechende Tarifregelungen sind unter Berücksichtigung ihres Gesamtzusammenhangs sowie ihres Zwecks nach der Rechtsprechung des Siebten Senats regelmäßig gesetzeskonform dahin einschränkend auszulegen, dass das Arbeitsverhältnis nicht endet, wenn für den flugdienstuntauglichen Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Bodendienst besteht und der Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung im Bodendienst vom Arbeitgeber verlangt (vgl. BAG, Urteil 11.12.2019, 7 AZR 350/18[3]; BAG, Urteil v. 17.4.2019, 7 AZR 292/17[4]). D.h., der Verlust der Flugtauglichkeit stellt für sich allein genommen noch keinen ausreichenden Sachgrund für die auflösende Bedingung dar. Erst die sich daraus ergebende fehlende Beschäftigungsmöglichkeit rechtfertigt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung (BAG, Urteil v. 16.10.2008, 7 AZR 185/07), wobei es für den Eintritt der auflösenden Bedingung – auch wenn dies in der Tarifnorm nicht ausdrücklich formuliert ist – darauf ankommt, dass auch keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit, z. B. im Bodendienst, besteht (BAG, Urteil v. 17.4.2019, 7 AZR 292/17[5]). Das durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers überwiegt das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn ein Arbeitsplatz – z. B. im Bodendienst – frei ist, auf dem der Arbeitnehmer mit dem verbliebenen Leistungsvermögen und seinen fachlichen und berufspraktischen Kenntnissen eingesetzt werden kann. Dies gilt auch dann, wenn der Einsatz eine Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen voraussetzt (BAG, Urteil v. 26.2.2020, 7 AZR 121/19[6]). Allerdings setzt dies auch eine entsprechende Bereitschaft des Arbeitnehmers voraus, von der der Arbeitgeber aufgrund der erforderlichen Vertragsänderung nicht ohne Weiteres ausgehen kann. Daher obliegt es dem Arbeitnehmer, dem Arbeitgeber sein Interesse an der Weiterbeschäftigung im Bodendienst mitzuteilen (BAG, Urteil v. 11.12.2019, 7 AZR 350/18[7]). Eine allgemeine Pflicht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer aktiv nach einem entsprechenden Interesse zu fragen, besteht nicht.[8]

Hat der Arbeitnehmer seine Bereitschaft zu einem anderweitigen Einsatz angezeigt und gibt es einen freien und für den Arbeitnehmer geeigneten Arbeitsplatz, kann sich der Arbeitgeber nur dann auf die auflösende Bedingung berufen, wenn er dem Arbeitnehmer diesen Arbeitsplatz vergeblich angeboten hat.

 
Wichtig

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber jeden freien und geeigneten Arbeitsplatz anzubieten. Dies erfordert die Mitteilung, dass der Arbeitnehmer den Arbeitsplatz erhalten wird, falls er sich dafür entscheidet. Der bloße Hinweis auf die – auch jedem anderen Arbeitnehmer zustehende – Möglichkeit, sich auf eine offene Stelle zu bewerben, genügt nicht. Ein Angebot kann ausnahmsweise unterbleiben, wenn der Arbeitnehmer erklärt hat, dass er ein entsprechendes Angebot nicht annehmen wird (BAG, Urteil v. 26.2.2020, 7 AZR 121/19[9]).

Das umfasst auch Arbeitsplätze, bei denen im Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung feststeht, dass sie in absehbarer Zeit nach Ablauf der Auslauffrist frei werden, sofern die Überbrückung dieses Zeitraums dem Arbeitgeber zumutbar ist.

 
Hinweis

Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ist keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer auflösenden Bedingung. Hat der Arbeitgeber entgegen § 167 Abs. 2 SGB IX ein betriebliches Eingliederungsmanagement nicht durchgeführt, trifft ihn im Hinblick auf das Fehlen von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Bedingungskontrollrechtsstreit aber eine gesteigerte Darlegungslast. Er hat von sich aus denkbare oder vom Arbeitnehmer bereits genannte Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten zu prüfen und im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen eine Weiterbeschäftigung nicht in Betracht kommt. Gegebenenfalls ist vom Arbeitgeber darzutun, warum ein betriebliches Eingliederungsmanagement in keinem Fall dazu hätte beitragen können, das Arbeitsverhältnis zu erhalten (BAG, Urteil v. 17.4.2019, 7 AZR 282/17[10]). Ob diese Grundsätze entsprechend gelten, wenn der Arbeitgeber die Durchführung eines nach § 167 Abs. 1 SGB IX gebotenen Präventionsverfahren unterlässt, ist zweifelhaft.[11]

 

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Als sonstigen Sachgrund erkennt die R...

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