Die Anwendbarkeit des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes setzt voraus, dass eine Gruppenbildung vergleichbarer Arbeitnehmer möglich ist. Vergleichbar sind zunächst Arbeitnehmer mit vergleichbaren Tätigkeiten. Entscheidend sind nicht einzelne Arbeitsvorgänge, sondern die überwiegend auszuübende Tätigkeit.[1] Bewertungsmaßstab ist die Verkehrsanschauung, wobei Eingruppierungsskalen in Tarifverträgen herangezogen werden können.[2] An der Vergleichbarkeit fehlt es, wenn die Tätigkeit wegen Führungs- und Leitungsaufgaben, aufgrund der Qualifikation oder wegen besonderer Anforderungen tarifvertraglich anders bewertet sind. Allerdings können auch Arbeitnehmer mit nicht vergleichbaren Tätigkeiten gleich zu behandeln sein, wenn der Arbeitgeber eine weitergehende allgemeine Regel aufgestellt hat. Da eine vollkommene Gleichheit zwischen mehreren Arbeitnehmern nur selten vorliegen wird, genügt eine nach wertender Betrachtung im Wesentlichen übereinstimmende Lage.[3]

 
Wichtig

Ab wie viel Prozent der Arbeitnehmer greift der Gleichbehandlungsgrundsatz?

Welche Aspekte für eine Gruppenbildung tragend sind und auf welches zahlenmäßige Verhältnis abzustellen ist, ist bislang nicht abschließend. Als gesicherte Erkenntnis ist jedoch anzusehen, dass der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nicht erst dann greift, wenn 50 % der Arbeitnehmer an einer günstigeren Regelung teilnehmen. Ist die Anzahl der begünstigten Arbeitnehmer im Verhältnis zur Gesamtzahl der betroffenen Arbeitnehmer aber sehr gering (im Streitfall weniger als 5 %), kann wohl ein nicht begünstigter Arbeitnehmer aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz keinen Anspruch herleiten.[4]

Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist anwendbar, wenn ein Arbeitgeber Leistungen nach einem bestimmten, erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, oder wenn er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt.[5] Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber nach einem generalisierenden Prinzip Leistungen gewährt, auf welche für die begünstigte Gruppe aufgrund langjähriger betrieblicher Übung Rechtsansprüche erwachsen sind.[6] Ferner ist er auch auf Arbeitsverhältnisse anwendbar, auf welche der Arbeitgeber, vielfach zwecks Umgehung – ohne nach einem erkennbaren oder generalisierenden Prinzip vorzugehen – mehrere oder undurchsichtige Vergütungssysteme anwendet und dabei nicht nur einzelne Arbeitnehmer besser stellt. Andernfalls wäre der Arbeitgeber im Vorteil, der keine allgemeinen Grundsätze aufstellt und nach Gutdünken verfährt.

Steht eine Differenzierung nach Gruppen von Arbeitnehmern fest, hat der Arbeitgeber die Gründe für die Differenzierung offenzulegen und so substanziiert darzulegen, dass die Beurteilung möglich ist, ob die Unterscheidung sachlichen Kriterien entspricht. Sind die Unterscheidungsmerkmale nicht ohne Weiteres erkennbar und legt der Arbeitgeber seine Differenzierungsgesichtspunkte nicht dar oder ist die unterschiedliche Behandlung nach dem Zweck der Leistung nicht gerechtfertigt, kann die benachteiligte Arbeitnehmergruppe verlangen, nach Maßgabe der begünstigten Arbeitnehmergruppe behandelt zu werden.[7]

[3] ErfK/Preis, 24. Aufl. 2024, BGB § 611a, Rz. 672.
[4] BAG, Urteil v. 13.2.2002, 5 AZR 713/00; hier gibt es Differenzen zwischen einzelnen Senaten des BAG, s. dazu Bepler, Beilage zu NZA Heft 18/2004, S. 3, 6 sowie BAG, Urteil v. 8.8.2000, 9 AZR 517/99: danach soll sogar ein Zahlenverhältnis von 4 : 180 unerheblich sein.

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