Arbeitgeber können z. B. auch mit Gleitzeitvereinbarungen auf unternehmerische und private Bedürfnisse sehr variabel eingehen.[69] Zwar hat dies auch in den Grenzen des ArbZG zu erfolgen, es wird jedoch einfacher, ggf. ›elastische‹ Bereiche zu schaffen und/oder auch mit Vertrauensarbeitszeit zu arbeiten. Damit bestehen für den Mitarbeiter teilweise keine verpflichtenden Anwesenheitszeiten mehr.[70] Gerade in dieser Konstellation verzichtet der Arbeitgeber zum Teil auf sein Weisungsrecht bezüglich der Arbeitszeit. Bei der Vertrauensarbeitszeit verzichtet der Arbeitgeber auf die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und vertraut darauf, dass der Mitarbeiter seiner Arbeitspflicht in zeitlicher Hinsicht auch ohne Kontrolle nachkommt.[71] Damit wird der Fokus weg von der Arbeitszeit hin zum Arbeitserfolg gelenkt.[72] Ohne die täglichen Arbeitszeiten zu verlängern, können Unternehmen sich mit vorhandenen arbeitsrechtlichen Bordmitteln daher schon ›beweglicher‹ aufstellen. Vorteil ist der starke bedürfnisorientierte Charakter, den diese Einzelregelungen annehmen können, sowohl für den Mitarbeiter als auch für das Unternehmen. Der Nachteil liegt ggf. im (zeitlichen) Aufwand, den eine jeweils individuelle, rechtssichere Ausgestaltung jedes Einzelfalls, die dazugehörigen Verhandlungen sowie die kontinuierliche Anwendung kosten. Außerdem muss eine Vielfalt unterschiedlicher einzelvertraglicher Modelle verwaltet werden.[73]

[69] Siehe auch Fay, Wagner, Wick, Flexibel in der Zeit, Arbeit im Betrieb, 5/2019, S. 13; Spengler, Die Regeln müssen stimmen, Arbeit im Betrieb, 5/2019, 20.
[70] Siehe Interviews mit Prof. Dr. Gunther Olesch (Phoenix Contact) sowie mit Frank Schlesinger (Immobilien Scout) und Thu Pakasathanan (Sipgate) im Beitrag "Erfahrungen aus agilen Unternehmen".
[71] BAG, Urteil vom 23.09.2015 – 5 AZR 767/13 = NZA 2016, 295; BAG, Beschluss vom 06.05.2003 – 1 ABR 13/02 = NZA 2003, 1348.
[72] Siehe auch EuGH, Urteil vom 14.05.2019 – C-55/18 = NJW 2019, 1861: hier hat der EuGH zur Erfassung von Arbeitszeiten entschieden, dass ein ›objektives und verlässliches System einzuführen ist, mit dem die geleistete Arbeitszeit der Arbeitnehmer gemessen werden kann.‹ Ob das Konzept der Vertrauensarbeitszeit vor dem Hintergrund der EuGH Entscheidung noch eine Zukunft haben wird, ist völlig offen. Denn wenn jede Minute geleisteter Arbeit aufgezeichnet werden muss, werden an die Stelle des Vertrauens die Dokumentation und die Kontrolle treten. Die Entscheidung lässt offen, auf welche Art und Weise die Arbeitszeit zu erfassen ist. Gegenwärtig ist nicht absehbar, wie diese Entscheidung nunmehr in nationales Recht umgesetzt wird. Bisher enthält das deutsche Recht mit Hinblick auf eine Aufzeichnungsverpflichtung eine Regelung in § 16 Abs. 2 ArbZG, die insbesondere bei der Vertrauensarbeitszeit in der Praxis zur Anwendung kam: Danach sind Arbeitgeber verpflichtet, nur die über die werktägliche Arbeitszeit (8 Stunden) hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen. Eine bestimmte Form ist dabei nicht vorgeschrieben. Bereits heute werden die Aufzeichnungen der Arbeitszeit dann vielfach von Arbeitnehmern selber vorgenommen.
[73] Siehe Interview mit Miriam Schilling (VAUDE) im Beitrag "Erfahrungen aus agilen Unternehmen".

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