Sachbezüge: Versandkosten sind auf 44-Euro-Freigrenze anzurechnen
Grundsätzlich sind alle Leistungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig - unabhängig davon, ob es sich um Geld- oder Sachleistungen handelt. Sachbezüge können allerdings bis zu einem Betrag von monatlich 44 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei bleiben.
Sachbezug: Versandkosten führen zum Überschreiten der 44-Euro-Freigrenze
Im Urteilsfall betrieb der Arbeitgeber eine Spedition. Er hatte seinen Mitarbeitern im Rahmen eines Prämiensystems die Möglichkeit eingeräumt, bei einer Fremdfirma monatlich Waren zu bestellen. Der dem Arbeitgeber in Rechnung gestellte Bruttobetrag der Sachbezüge einschließlich Umsatzsteuer betrug regelmäßig 43,99 Euro. Darüber hinaus hatte die Klägerin in der Regel für jede Bestellung eine sog. Versand- und Handlingpauschale in Höhe von sechs Euro (netto) an die Fremdfirma zu zahlen.
Weil damit nach Auffassung des Finanzamts die Freigrenze von 44 Euro im Monat überschritten war, nahm es nach einer Lohnsteueraußenprüfung den Arbeitgeber für die nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer in Haftung.
Der Arbeitgeber machte hingegen geltend, die Übernahme der Versand- und Handlingkosten führe bei den Mitarbeitern zu keinem geldwerten Vorteil und sei daher nicht in die Freigrenze einzubeziehen. Seine Klage beim Finanzgericht (FG) blieb erfolglos, so dass im Revisionsverfahren nun der Bundesfinanzhof (BFH) entscheiden musste.
BFH-Urteil: Versandkosten sind zusätzlicher geldwerter Vorteil
Auch nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs entsteht ein zusätzlicher geldwerter Vorteil. Liefert der Arbeitgeber die Ware in die Wohnung von Mitarbeitern, liegt eine zusätzliche Leistung vor. Der Vorteil hieraus ist in die Berechnung der Freigrenze von 44 Euro einzubeziehen. Entsprechendes gilt bei Bestellung im Versand- oder Onlinehandel. Ist der Versand dort als eigenständige Leistung ausgewiesen und nicht bereits im Verkaufspreis enthalten, tritt der geldwerte Vorteil aus der Lieferung "nach Hause" bei der Berechnung der Freigrenze von 44 Euro zum Warenwert hinzu. Ein solcher gesonderter Ausweis lag im Urteilsfall eindeutig vor.
Sachbezüge: Keine pauschale Berechnung der 44-Euro-Freigrenze
Dennoch hat der Bundesfinanzhof die Revision nicht als unbegründet abgelehnt, sondern den Fall an das Finanzgericht zurückverwiesen. Es hatte den Vorteil sämtlicher Sachbezüge pauschal mit jeweils (knapp) 44 Euro zuzüglich Versandpauschale bewertet. Der Bundesfinanzhof ist jedoch der Auffassung, dass der von der Fremdfirma verlangte Festpreis (für völlig verschiedene Wirtschaftsgüter) gerade nicht den üblichen Einzelhandelspreis der zugewendeten Wirtschaftsgüter abbildete. Die Firma bot ihre Waren nicht wie ein Einzelhändler Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr an. Es handelte sich vielmehr um ein Unternehmen, das dem Arbeitgeber einen Komplettservice im Hinblick auf "lohnsteueroptimierte" Sachbezüge anbot. Tatsächlich dürften die Sachgeschenke also ganz unterschiedliche Preise gehabt haben.
Sachbezüge und Freigrenze: BFH stellt Bewertungsgrundsätze auf
Für die Bewertung der Sachbezüge hat der Bundesfinanzhof folgende Grundsätze aufgestellt:
- Üblicher Endpreis und damit für die Sachbezugsbewertung maßgeblicher Preis (§ 8 Absatz 2 Satz 1 EStG) ist der Endverbraucherpreis und damit der im allgemeinen Geschäftsverkehr von Letztverbrauchern für identische bzw. gleichartige Waren tatsächlich gezahlte günstigste Einzelhandelspreis am Markt.
- Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, den Wert eines den Mitarbeitern durch den Arbeitgeber zugewandten Sachbezugs anhand der Kosten zu bemessen, die der Arbeitgeber seinerseits dafür aufgewendet hat. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber die Ware oder Dienstleistung aus Quellen bezogen hat, die auch Endverbrauchern zugänglich sind, und die Kosten um etwaige Nachlässe (etwa Mengenrabatte) bereinigt werden, die Endverbraucher nicht erhalten hätten.
- Ist der übliche Endpreis des Sachbezugs nicht festzustellen, ist er zu schätzen. Weil eine Einzelbewertung der im Urteilsfall strittigen Sachbezüge aufgrund des Zeitablaufs, der in Streit stehenden Zeitspanne sowie der Vielzahl und Verschiedenheit der Sachzuwendungen wohl nicht (mehr) möglich ist, hat das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang eine solche Schätzung vorzunehmen.
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