Arbeitgeber können bei Zweifeln die Einzugsstelle einschalten

Ob bei versicherungs- oder beitragsrechtlichen Beurteilungen: Es gibt immer wieder Problemfälle. Bei schwierigen Sachverhalten kann sich der Arbeitgeber oder Steuerberater auf seinen gesetzlich verankerten Anspruch auf Beratung bei der Einzugsstelle berufen.

Hier fordern der Gesetzgeber und die Rechtsprechung die Arbeitgeber und Steuerberater auf, den Sachverhalt konkret zu beschreiben und sich an die zuständige Einzugsstelle zu wenden.

Anrufauskunft bei der Einzugsstelle

Ähnlich wie bei der Finanzverwaltung verfügt auch die Sozialversicherung über ein vergleichbares Instrument. So ist zum Beispiel bei einer schwierigen Beurteilung eines Studenten oder Minderheitsgesellschafters die zuständige Krankenkasse verpflichtet, zu unterstützen. Jeder hat einen Anspruch auf Beratung (§ 14 SGB I).

Einzugsstelle ist keine Abrechnungsstelle

So verlockend der Gedanke auch ist: Die Einzugsstelle hat jedoch nicht den gesetzlichen Auftrag, Arbeitgeberpflichten des Arbeitgebers/Steuerberaters zu erledigen. Es müssen jeweils konkrete (schwierige) Sachverhalte dargestellt werden.

Wer ist zuständig?


Ganz klar: Die Krankenkasse, die auch die Kranken- und Pflegeversicherung für einen Beschäftigten durchführt. Sie ist die zuständige Einzugsstelle (§ 28 i SGB IV) und entscheidet über Versicherungspflicht oder -freiheit beziehungsweise über Beitragspflicht oder –freiheit.
Hinweis: Sind die Mitarbeiter eines Unternehmens bei unterschiedlichen Krankenkassen versichert, ist jede Krankenkassen gesondert anzufragen. Jede Einzugsstelle entscheidet für sich.

Beispiel aus der Praxis

Firma A hat nach Einführung des 5. SGB IV Änderungsgesetz erhebliche Schwierigkeiten, wie sie § 1 Abs. 1 Satz 2 der neuen Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) in der Praxis richtig auslegen soll.
Hinweis: Der Gesetzgeber fordert nunmehr, dass bestimmte steuerfreie oder pauschal besteuerte Einnahmen, Zuwendungen oder Leistungen nur dann nicht dem sv-rechtlich relevanten Arbeitsentgelt „zuzurechnen“ sind, soweit diese vom Arbeitgeber oder Steuerberater mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum lohnsteuerfrei belassen oder pauschal besteuert werden.
Bei enger Auslegung der Vorschrift müsste die für die beitragsrechtliche Beurteilung der betreffenden Arbeitsentgeltbestandteile (z. B. Fahrtkosten Wohnung - Arbeitsstätte etc.) maßgebende steuerrechtliche Behandlung vor Eintritt der Beitragsfälligkeit erfolgen.

Zweifel des Arbeitgebers

Muss dieser nun auch als kleiner Arbeitgeber die Pauschalbesteuerung monatlich durchführen, um eine Beitragsfreiheit zu erreichen oder wie soll er dies andernfalls korrekt aufzeichnen (§ 8 Abs. 1 Nr. 10 BVV)? Wie soll er steuerfreie Leistungen konkret in der Entgeltabrechnung nachweisen, sodass die Betriebsprüfer keine nachträgliche Beanstandung (Verletzung der Aufzeichnungspflicht) aussprechen und Beiträge nachfordern?

Firma A trägt den Sachverhalt im Dezember 2015 den allen bei ihm vertretenen Krankenkassen der betroffenen Beschäftigten konkret vor und beruft sich hierbei auf § 14 SGB I (Beratung) und § 15 SGB I (Auskunft).

Aufgabe der Einzugsstelle

Die Einzugsstelle prüft den Vorgang und der Arbeitgeber erhält eine Zwischennachricht. Die Krankenkasse bestätigt ihm seine Zweifel und schaltet den eigenen Verband ein. Das Gesetz kann in der Tat in vielseitiger Weise ausgelegt werden, daher müssen alle beteiligten Sozialversicherungsträger (Krankenkassen, DRV, Agentur für Arbeit) hierüber beraten mit dem Ziel, den Arbeitgebern und Steuerberatern die Auslegungsfragen zu beantworten.

Haftungsprävention

Der Arbeitgeber hat in unserem Beispiel richtig gehandelt. Er hatte konkrete Zweifel in der Wahrnehmung seiner Arbeitgeberpflichten und lässt diese klären. Auch wenn in diesem aktuellen Praxisfall die Entscheidung wegen Abstimmung der SV-Träger lange auf sich warten lässt, ist er geschützt.
Solange die Einzugsstelle hier keine Entscheidung getroffen hat, bleibt der Vorgang in der Schwebe. Erst wenn eine Entscheidung getroffen wurde, ist diese umzusetzen.

Vorteile für Arbeitgeber

Für den Arbeitgeber ergeben sich auch weitere Vorteile, wenn die angerufene Einzugsstelle mit einer Entscheidung auf sich warten lässt:

  • Arbeitnehmeranteile können auch über den 3-Monatszeitraum einbehalten werden
  • Keine Säumniszuschläge
  • Keine erweiterte Verjährung
  • Keine Anwendung einer Nettolohnvereinbarung

Entscheidung der Einzugsstelle ist falsch?

Hat die Kasse zum Beispiel in einem Statusverfahren eine falsche Entscheidung getroffen und war der Gesellschafter/Geschäftsführer doch nicht versicherungspflichtig, so hat dieser einen Amtshaftungsanspruch für den entstandenen Schaden (BGH, Urteil v. 23.07.2015, III ZR 196/14).

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Schlagworte zum Thema:  Auskunftsanspruch, Auskunftspflicht