Lohnuntergrenze: BAG: Erstes Mindestlohn-Urteil erwartet

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt hat eineinhalb Jahre nach Einführung des Mindestlohngesetzes (MiLoG) den ersten Streitfall zu entscheiden. Es geht um die Frage, ob Arbeitgeber Sonderzahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechnen dürfen.

Der Präzedenzfall komme aus Brandenburg, sagte eine Sprecherin des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt.

Grundsatzfragen: Berechnung von Nachtzuschlag und Sonderzahlungen

Die Klägerin sei der Meinung, ihr stünden die vereinbarten Sonderzahlungen zusätzlich zum Mindestlohn zu. Zudem wolle sie die Berechnungsgrundlage für Mehrarbeits- oder Nachtzuschläge klären lassen. Damit gehe es um zwei Grundsatzfragen, die beim Mindestlohn immer wieder eine Rolle spielten, sagte die Gerichtssprecherin.

Vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg war die Klägerin im Januar 2016 mit ihrer Forderung gescheitert. Sie ist Angestellte einer Klinik-Servicegesellschaft in Brandenburg und in einer Cafeteria beschäftigt. Die Frau hatte 2015 beim Arbeitsgericht in Brandenburg an der Havel Klage eingereicht.

Sonderzahlungen Entgelt für normale Arbeitsleistung?

In ihrem Arbeitsvertrag sind nach Angaben des Landesarbeitsgerichts Sonderzahlungen von zwei halben Monatsentgelten vereinbart. Nach einer Betriebsvereinbarung erfolge die Zahlung nicht in zwei Raten, sondern über zwölf Monate verteilt. Das Landesarbeitsgericht entschied, bei den Sonderzahlungen handele es sich im konkreten Fall um ein Entgelt für die normale Arbeitsleistung. Deshalb sei eine Anrechnung auf den gesetzlichen Mindestlohn möglich. Die Richter ließen wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls Revision beim Bundesarbeitsgericht zu.

BAG klärt bald Bereitschaftszeiten

Nach Einschätzung von BAG-Präsidentin Ingrid Schmidt geht es bei Mindestlohn-Streitigkeiten kaum um die gesetzlich vorgeschriebenen 8,50 Euro pro Stunde. Strittig seien eher die Streichung oder die Anrechnung von Sonderzahlungen, sagte sie bei der Vorlage der Jahresbilanz des Gerichts.

In diesem Jahr will sich das Bundesarbeitsgericht am Fall eines Rettungsassistenten auch mit dem Mindestlohnanspruch bei der Vergütung von Bereitschaftszeiten beschäftigen.

 

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dpa